Streiks im Bahnverkehr treten regelmäßig auf. Fahrgastrechte helfen, hier die Unannehmlichkeiten möglichst gering zu halten. Auch wenn die Bahn teils rechtswidrig über Fahrgastrechte informiert und ebenso rechtswidrig die Erbringung geschuldeter Leistungen verweigert, sollten Sie Ihre Rechte kennen. Diese ergeben sich im Wesentlichen aus der EU-Fahrgastrechteverordnung 1371/2007/EG und der Eisenbahnverordnung (EVO). Die wichtigsten Rechte im Streikfall:
Ticketerstattung
Ist Ihr Zug von einem Streit betroffen und würden Sie Ihr Ziel mehr als 60 Minuten verspätet erreichen, haben Sie zunächst Anspruch auf Erstattung des Fahrpreises. Dabei bestehen gute Chancen, dass auch mit Punkten aus dem BahnBonus-Programm gebuchte Fahrkarten in Geld zu erstatten sind.
Fahrt zu einem anderen Zeitpunkt
Worüber die Bahn derzeit (und auch in der Vergangenheit immer wieder) rechtswidrig informiert, ist das Recht auf ein anderes Reisedatum.
Nach Art. 16 Abs. 1 lit. c) der VO 1371/2007/EG haben Sie bei einer mehr als 60-minütigen Ankunftsverspätung das Recht zur Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts. Dieser Zeitpunkt kann vollkommen frei vom Fahrgast gewählt werden, er kann Tage oder auch Wochen später liegen, lediglich die Grenze der Verjärhung von einem Jahr nach Art. 60 Abs. 2 der FahrgastrechteVO begrenzt diese Möglichkeit. Dieses Recht besteht unabhängig von etwaigen Kulanzregeln der Bahn. Soweit die Bahn mitteilt
ist das aus meiner Sicht schlicht eine Irreführung von Fahrgästen, da rechtlich unzutreffend. Natürlich können Tickets auch zu beliebten (und daher recht teuren) Reisezeiten später auf der identischen Strecke verwendet werden. Das sieht inzwischen aber auch die Bahn ein:
Fahrpreisentschädigung
Wird das Ticket genutzt, schuldet die Bahn zusätzlich bei einer mindestens 60-minütigen Ankunftsverspätung 25% des Reisepreises bzw. 50% ab 120 Minuten.
Verpflegung und Unterkunft
Ab 60 Minuten Verzögerung muss die Bahn Verpflegung stellen. Erfolgt das nicht, kann Verpflegung in angemessenem Umfang selbst beschafft und zur Erstattung eingereicht werden (das gilt nicht im Nahverkehr!). Wird eine Übernachtung notwendig, muss die Bahn auch ein Hotel stellen und – erfolgt das nicht – später selbst verauslagte Hotelkosten erstatten. Es gibt übrigens keine Grenze von 80,00 €, die die Bahn immer mal wieder versucht ins Spiel zu bringen. Ich empfehle, das Eisenbahnverkehrsunternehmen zusätzlich per E-Mail (Adresse im Impressum suchen) anzuschreiben und mit (ggf. kurzer) Fristsetzung zur Leistung aufzufordern. Ist die DB Fernverkehr AG betroffen, wäre das z.B. die reiseportal@bahn.de
Und wenn kein Geld kommt?
Gerade für nicht-Standardfälle scheint das Servicecenter Fahrgastrechte vollkommen ungeeignet, wie meine Erfahrung aus einer Vielzahl betreuter Fälle zeigt. In diesen Fällen sollte nach Fristsetzung ein Rechtsanwalt den Anspruch prüfen und ggf. durchsetzen. In der Regel ist das Eisenbahnverkehrsunternehmen dann auch verzugsbedingt zur Tragung der entstandenen Mehrkosten verpflichtet.