Betrug mit Originalverpackungen

„iPhone 12 256 GB OVP“, oder „Playstation 5 OVP“ – da haben Sie mal einfach mitgeboten und sich am Ende möglicherweise über den niedrigen Endpreis gefreut? Das böse Erwachen steht dann spätestens an, wenn der Postbote an der Tür klingelt: Gekauft und bezahlt haben Sie offenbar nur eine Originalverpackung des Produktes. Bei einem genauen Blick in die Auktion wird dabei klar: Der Verkäufer hat hier bewusst einen Betrug mit Originalverpackung begangen und den wahren Inhalt der Auktion verschleiert.

Verkauf einer Originalverpackung bei eBay
Betrug mit Originalverpackungen – hier ein aktuelles Beispiel

Betrug mit Originalverpackung: Wie zu erkennen?

Die Verkäufer gehen – vermeintlich – geschickt vor und stellen ihre Artikel in den Kategorien der eigentlich gewünschten Artikel ein:

Teilweise werden sogar Artikeleigenschaften zu Speicher und Kamera vergeben. Das Artikelfoto zeigt die Verpackung, keine unüblichen Fotos für einen neuen Markenartikel. Er im Verlauf des Fließtextes wird die Information versteckt, dass es sich nur (!) um die Verpackung handelt. Teils taucht diese Information auch erst im Kleingedruckten am Ende der Auktion auf.

Betrug mit Originalverpackung: Muss ich als Käufer bezahlen?

Klare Antwort: Nein. Die Gerichte urteilen seit Jahren fast eindeutig zu Gunsten des Käufers. Egal, ob das Angebot auf Täuschung angelegt war, oder ob dieser Umstand schlicht überlesen wurde. Selbst wenn Kaufverträge grundsätzlich bindend sind und bei einem Kauf von einem Verbraucher kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, gibt es eine Lösung: Die Irrtumsanfechtung gem. §§ 119 ff BGB. Ein Irrtum liegt in diesen Fällen zweifellos vor. Wichtig: Die Anfechtung muss unverzüglich (also „ohne schudhaftes Zögern“) gegenüber dem Verkäufer erklärt werden. Normalerweise dürfte das eine Erklärung binnen 5-14 Tagen erfordern. Dabei ist es nicht wichtig, das Wort Anfechtung zu erwähnen. Es genügt, wenn für den Verkäufer erkennbar ist, dass Sie aufgrund eines Irrtums nicht am Kauf festhalten wollen. Eine Formulierung könnte sein:

„Sehr geehrter Verkäufer, leider ist mir beim Kauf ein Irrtum unterlaufen. Ich habe nicht bemerkt, dass Gegenstand nur die Verpackung des Artikels ist. Ich fechte den Kaufvertrag daher an. Eine Zahlung werde ich nicht leisten.“

Eine sichere Übermittlung kann zum Beispiel über die Nachrichtenfunktion von eBay erfolgen. Andernfalls macht ein Einwurfeinschreiben Sinn.

Betrug mit Originalverpackung: Bekomme ich gezahltes Geld zurück?

Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, stellen Sie spätestens beim Erhalt des Paketes fest, dass Sie einem Nepp aufgesessen sind. Auch hier hilft aber eine unverzüglich erklärte Anfechtung: Ein etwa gezahlter Kaufpreis ist zu erstatten, § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB. Die Verpackung ist zurückzusenden.

Ansprüche des Verkäufers auf Schadensersatz?

In der Tat kann bei Betrug mit Originalverpackungen ein Anspruch des Verkäufers auf Ersatz seines „Vertrauensschadens“ in Betracht kommen, § 122 BGB. Dieser deckt aber nur das sogenannte negative Interesse ab. Die Frage lautet: Welcher Schaden ist dem Verkäufer dadurch entstanden, dass er auf die Nichtanfechtung des Käufers vertrauen durfte. Bei eBay-Auktionen dürfte das typischerweise die Differenz zum zweithöchsten Gebot sein, also nur wenige Euro umfassen. Verkaufsprovisionen werden in der Regel bei eBay erstattet.

Hat der Käufer einen Anspruch auf Lieferung des eigentlichen Artikels?

Grundsätzlich gilt, dass der Käufer im Rahmen der Anfechtung so zu stellen ist, wie er Stünde, wenn er sich nicht geirrt hätte. Wollte jemand also für einen Artikel 50,00 € statt 500,00 € bezahlen (Tippfehler), hat der Verkäufer einen Anspruch immerhin auf 50,00 € (wenn er dazu denn bereit gewesen wäre zu verkaufen).

Ein Vertrag über ein Smartphone oder eine Spielkonsole ist aber bei der Fallgestaltung Betrug mit Originalverpackungen nicht zustande gekommen.

Strafbarkeit wegen Betruges mit Originalverpackungen?

Die Frage, ob ein OVP-Verkauf einen strafbaren (versuchten) Betrug darstellt, kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Wenn anhand der Umstände des Angebots klar wird, dass der Verkäufer es auf eine Täuschung angelegt hat, dürfte ein (versuchter) Betrug vorliegen, der nach § 263 StGB immerhin mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden kann.

Fazit

Laien interpretieren Recht als Befehle, die sie wie Programmcode in einem Vertrag zusammensetzen können. Während ein Computer jeder Codezeile die gleiche Aufmerksamkeit widmet, ist das beim Menschen anders. Das sprichwörtliche „Kleingedruckte“ wird zumeist gar nicht wahrgenommen. Wer meint, Käufer auf Verkaufsplattformen durch geschickte Angebotsgestaltungen so neppen zu können, setzt sich einerseits zivilrechtlichen Ansprüchen aus. In vielen Fällen dürfte aber auch eine Strafbarkeit wegen (versuchten) Betruges in Betracht kommen.

Betroffene sollten Anzeige erstatten und ihre Ansprüche (ggf. durch anwaltliche Hilfe) geltend machen.

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