Flugzeitenänderungen sind sehr häufiges Ärgernis für Reisende. Hierum ranken sich verschiedene Mythen, die von Reiseveranstaltern befeuert werden, die viel Geld durch ihre Irreführungen sparen können. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Ansprüchen gegen den Reiseveranstalter und gegen das (geplante) ausführende Luftfahrtunternehmen.
Ansprüche gegen den Reiserveranstalter
Reiseveranstalter vereinbaren in der Regel in ihren AGB mit Reisenden einen Vorbehalt für die Änderung von Flugzeiten. Grundsätzlich ist eine solche Vereinbarung wirksam, soweit es um unerhebliche Veränderungen geht. Der BGH meint zu Veranstalter-AGB:
„Entscheidend ist in jedem Fall, dass die Reisebestätigung die Funktion erfüllt, den Reisenden zuverlässig zu informieren. Eine vorläufige Angabe über die Abreisezeit ist deshalb ebenso wie die übrigen Angaben verbindlich und keinesfalls als reines Werbemittel anzusehen, mit dem der Reiseveranstalter an bestimmten Flugzeiten interessierte Kunden zum Abschluss eines Reisevertrags bewegen kann, ohne zur Einhaltung der vertraglich versprochenen Flugzeit verpflichtet zu sein. Auch dies spricht dafür, dass bei Vereinbarung einer bestimmten Uhrzeit als Abflugzeit auch deren Qualifikation als voraussichtlich oder vorläufig Abweichungen hiervon nur in einem verhältnismäßig engen Rahmen gestattet.“
(s. BGH Urt. v. 10.12.2013, X ZR 24/13)
Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass Veränderungen, die sich am An- und Abreisetag bewegen, in vielen Fällen hinzunehmen sind, weil sie unerheblich sind. Die Grenzen zulässiger Reisezeitenänderungen werden erst dann überschritten, wenn es zu erheblichen Veränderungen kommt. Beispiele dafür sind:
- Störung der Nachtruhe (Abreise sehr früh oder Ankunft sehr spät)
- Erhebliche Veränderung der Reisezeiten (Ankunft am Abend statt bereits am Vormittag), die Rechtsprechung zieht die Grenze hier in der Regel zwischen fünf und zehn Stunden
- Auch kürzere Verschiebungen können bei Kurzreisen (z.B. Wochenendtrip) von Bedeutung werden
- Erhebliche Veränderung des Abflugortes (teils wurden aber Veränderungen von z.B. Düsseldorf nach Frankfurt noch als hinzunehmen anerkannt).
Eine häufige Anfrage von Reisenden bei mir: Nein, eine Änderung der Airline ist in aller Regel keine erhebliche Änderung der Reiseleistungen.
Rücktritt vom Reisevertrag
Liegt eine erhebliche Änderung vor, kann der Reisende vom Reisevertrag zurücktreten und erhält seinen Reisepreis vollständig erstattet § 651g BGB. Achtung: Hier gilt teils je nach Gestaltung eine Zustimmungsfiktion zu neuen Reisedaten, Reisende sollten vorsorglich unverzüglich den Rücktritt erklären. Auch wichtig: Ist Ihre Einschätzung zur erheblichen Flugzeitenänderung falsch, droht Ihnen hier ein (Teil-)Verlust des Reisepreises. Eine solche Erklärung sollte also in der Regel bei Zweifelsfällen erst nach anwaltlicher Beratung erfolgen oder im Einvernehmen mit dem Reiseveranstalter erfolgen.
Anspruch auf (passendere) Flugzeiten
Wollen Sie nach einer erheblichen Veränderung der Flugzeiten dennoch reisen, haben Sie aber einen Anspruch auf die Beförderung, die den ursprünglich vereinbarten Reisezeiten am nächsten kommt. Dazu recherchieren Sie Alternativverbindungen und verlangen von Ihrem Veranstalter die Beförderung natürlich ohne Aufpreis. Verweigert der Veranstalter dies, können Sie nach Fristablauf selbst die Flüge buchen und erhalten die Mehrkosten vom Reiseveranstalter erstattet.
Reisepreisminderung
Reisen Sie zu veränderten Flugzeiten, die eine erhebliche Änderung darstellen, kommt ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Betracht. Hier dürfte ein Anteil von 50-100% des An- und/oder Abreisetages zu erstatten sein, je nach Umfang der Beeinträchtigung.
Mehrkosten durch anderen Reiseweg
Immer wieder kommen Reisende durch die veränderung der Flugdaten in Schwierigkeiten bei der Anreise. Wird dem Hannoveraner ein Abflug um 8 Uhr morgens von seinem Heimatflughafen durch einen Abflug um 6:00 Uhr morgens ab Hamburg ersetzt, so bedarf es eines höheren Aufwands zur Anreise, z.B. mit einem Mietwagen statt mit der S-Bahn. Hier wäre der Veranstalter zur Stellung eines Transfers aufzufordern, reagiert dieser nicht, werden Kosten später vom Reiseveranstalter gegen Belege erstattet verlangt.
Sonderfall: Bewusst gewählte teurere Flüge mit passenden Flugzeiten
Auch regelmäßig berichten mir Reisende, dass sie sich gegen Aufpreis bewusst für einen Flug mit guten Flugzeiten entschieden haben, nun aber doch auf dem billigeren Flug mit schlechten Flugzeiten landen. Man kann nur erahnen, warum Reiserveranstalter solche Konstellationen immer wieder entstehen lassen. In diesem Fall bestünde grundsätzlich ein Minderungsanspruch aus § 651m BGB. Hier wird es jedoch in der Regel schwierig nachzuweisen, dass tatsächlich der Wunschflug bei Buchung teurer war.
Ansprüche gegen das Luftfahrtunternehmen
Was oft vergessen wird: Mit der Reisebestätigung erhalten Reisende in der Regel auch eine Buchungsbestätigung für bestimmte Flüge. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt damit eine bestätigte Flugbuchung im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG vor (s. EuGH Urt. v. 21.12.2024, C-146/20 Rn. 51). Ist die Verordnung Anwendbar (EU-Luftfahrtunternehmen oder Abflug in der EU), kann es sich durchaus lohnen, bei seriöseren Luftfahrtunternehmen (ich sende an dieser Stelle Grüße an halbgare Billigflieger aus Ägypten) dort Ansprüche nach der EU-FluggastrechteVO geltend zu machen. Die Unternehmen werden zwar in der Regel auf einen Reiseveranstalter verweisen, das ist aber juristisch Unsinn.
Anspruch auf Ersatzbeförderung
Sie haben einen Anspruch auf Ersatzbeförderung zu besseren Zeiten, dies auch mit anderen Airlines. Dazu finden Sie hier umfassende Ausführungen.
Anspruch auf Ausgleichsleistung (14-Tage Frist vor Abflug)
Kommt es weniger als 14 Tage vor Abflug zu einer Störung, erhalten Sie zudem in vielen Fällen von der ausführenden Airline eine Ausgleichsleistung von 250,00-600,00 €, je nach Flugstrecke.
Fazit
Bei Flugzeitenänderungen sind Reisende nicht den AGB der Reiseveranstalter ausgeliefert. Das gilt aber lediglich dann, wenn es zu erheblichen Änderungen kommt, da Veranstalter für geringfügigere Anpassungen in aller Regel wirksam einen Änderungsvorbehalt bei Vertragsschluss vereinbart haben. Neben dem Reiseveranstalter kann aber auch die Airline ein guter Ansprechpartner sein, um zu guten Flugzeiten zu reisen. Haben auch Sie Probleme mit einer Flugzeitenänderung? Dann nutzen Sie gerne das Angebot der kostenlosen Erstberatung.