In den vergangenen Wochen kommt es zu einer auffälligen Häufung von Anfragen zu einem Unternehmen, welches unter der Bezeichnung ein 123-Transporter auftritt, die 123 Shared Mobility Germany GmbH aus Plattling.
Das Unternehmen wirbt mit bundesweit anmietbaren Transportern, dies zu äußerst günstigen Preisen. Die Vertragsbedingungen sind für die Mietbranche jedoch – vorsichtig formuliert – äußerst ungewöhnlich. So habe ich bereits mehrere Mandanten betreut, die lange auf die Erstattung ihrer Kaution warteten. Auch häufen sich Fälle mit abgebuchten Vertragsstrafen u.a. für angebliche Geschwindigkeitsverstöße.
Anmietung ohne Haftungsreduktion möglich
Bereits im Buchungsprozess zeigt sich für das geschulte Auge, dass das Unternehmen eine sehr ungewöhnliche Regelung zur Haftung des Mieters anbietet. Die sehr günstigen Mietpreise erzielen nur Mieter, die eine Haftungsbegrenzung weitgehend ausschließen, also für entstandene Schäden weitgehend haften. Wer einen Transporter im Wert von 15.000 € in den Graben setzt, muss dafür am Ende 15.000 € zahlen. Zusätzlich verfügbare Versicherungspakete führen dazu, dass der Mietpreis erheblich ansteigt.

Vermutlich, um den Verkauf der Zusatzpakete anzukurbeln, wird dazu noch irreführend vorgespiegelt, im Falle der Beschädigung einer Windschutzscheibe sei diese stets zu zahlen (mit eher wenig auffälligem Disclaimer am unteren Seitenrand). Ohne Pflichtverletzung des Mieters, besteht jedoch nach herrschender Ansicht kein Schadensersatzanspruch gegen den Mieter, wenn die Windschutzscheibe zum Beispiel durch einen im Verkehr aufgewirbelten Stein beschädigt wird. Das ist ein urbaner Mythos, mit dem Vermieter viel Geld verdienen.
Geschwindigkeitsverstöße sollen Schutzpaket entfallen lassen
Eine ganz besonders außergewöhnliche Regelung findet sich in den AGB zu den zusätzlich zu bezahlenden Schutzpaketen. Deren Wirkung soll nach zwei Geschwindigkeitsverstößen entfallen:
Hier stellen sich gleich mehrere Fragen, einerseits datenschutzrechtlicher Natur, andererseits zur Wirksamkeit dieser Klausel. Selbst wenn diese Klausel wirksam wäre, bleibt offen, was mit dem gezahlten Beitrag des Schutzpaketes passiert. Eine ähnliche Regelung sieht das Unternehmen auch für die Benutzung von Mobiltelefonen durch den Fahrer vor.
Krasse Regelungen zu Vertragsstrafen
Sieht man sich die Liste möglicher Vertragsstrafen sowie deren Höhe an, so rundet das den Eindruck, den man bisher von diesem Vermieter bekommen haben dürfte, ab. Hier einige Highlights:
Vertragsstrafen für Geschwindigkeitsverstöße
Den Vogel schießt eine Regelung ab, die zu Vertragsstrafen bei Geschwindigkeitsverstößen führen soll:
Während in social media viel die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit einer möglichen Totalüberwachung erörtert wird, ist viel spannender, wie das Unternehmen so einen Unsinn AGB-rechtlich vor einem Gericht verteidigen will.
Sehr ungewöhnliche Regelungen zur Kaution
Anlass für viele an mich gerichtete Fragen ist die sehr ungewöhnliche Regelung zur Sicherheit/Kaution, die Vermieter zu leisten ist.
Das Unternehmen verlangt hier eine Zahlung der Kaution, nicht lediglich die Hinterlegung einer Kreditkarte. Das an sich ist bereits eher ungewöhnlich, aber nicht rechtlich zu beanstanden. Die Kautionshöhe hängt von der Mietdauer ab. Bis zu sechs Stunden sind 500,00 € zu leisten, darüber hinaus 1000,00 €.
Das Vorgehen zur Erstattung der Kaution ist höchst ungewöhnlich und aus meiner Sicht wenig seriös. So soll der Mieter nach Mietende erstmals nach 28 Tagen die Erstattung der Kaution verlangen können. Die Kaution wird also offenbar nicht automatisch erstattet. Die Erstattung soll dann weitere bis zu 28 Tage dauern, auf die das Unternehmen vorgibt, keinen Einfluss zu haben (§ 675s BGB einfach ausgedribbelt?)
Kein flüchtiger Verbraucher dürfte sich in Kenntnis dieser Umstände auf solche Mietbedingungen einlassen, so meine Ansicht. Genau aus dieser Klausel resultieren auch die Mandatsanfragen an mich, denn das Unternehmen erstattet nicht zeitnah die Kaution, wie man es bei anderen Vermietern gewohnt ist.
Hier habe ich bereits mehrfach für Mieter Ansprüche auf Erstattung der Kaution durchgesetzt, das Unternehmen zahlte auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung:
Musterschreiben ausstehende Kaution
Sollten Sie Ihre Kaution nicht zurückerhalten haben, verwenden Sie zum Beispiel folgendes Muster, welches sie per E-Mail an support@123-transporter.de senden. Die E-Mail sollten Sie in BCC auch noch an eine weitere Person senden, um so den Versand der E-Mail belegen zu können.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Erstattung der Mietsicherheit aus meinem Vertrag mit Ihnen mit der Vertragsnummer XXXX wurde trotz Fälligkeit nicht erstattet. Ich fordere Sie auf, die Erstattung unverzüglich, spätestens aber binnen sieben Tagen ab heute bei mir eingehend vorzunehmen.
Meine Bankdaten lauten:
Kontoinhaber: xxx
IBAN: xxx
Nach Ablauf der Frist werde ich Rechtsanwalt Dr. Matthias Böse, Düsseldorf mit der außergerichtlichen Anspruchsdurchsetzung beauftragen, den ich hiermit bereits bevollmächtige.
Mit freundlichen Grüßen
Name
Musterschreiben unberechtigte Vertragsstrafe
Sollte Ihnen eine Vertragsstrafe belastet worden sein, können Sie folgendes Schreiben verwenden, welches sie per E-Mail an support@123-transporter.de senden. Die E-Mail sollten Sie in BCC auch noch an eine weitere Person senden, um so den Versand der E-Mail belegen zu können..
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter der Rechnungsnummer XXX haben Sie eine Vertragsstrafe für [Hier Verstoß einsetzen] eingezogen.
Weder liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Anfall der Vertragsstrafe vor, noch ist Ihre Vertragsstrafenregelung in ihren AGB wirksam. Ich fordere Sie daher auf, die Erstattung binnen sieben Tagen ab heute bei mir eingehend vorzunehmen:
Kontoinhaber:
IBAN:
Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich Rechtsanwalt Dr. Matthias Böse, Düsseldorf mit der außergerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs beauftragen, den ich hiermit bereits bevollmächtige.
Mit freundlichen Grüßen
Name
Musterschreiben Beschwerde beim Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht
Mich haben auch Anfragen erreicht, mit denen sich Betroffene über die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der GPS-Datenaufzeichnung erkundigt haben. Das dürfte eine Anfrage bei der zuständigen Aufsichtsbehörde wert sein. Hier ein Formulierungsvorschlag, den Sie per Mail an poststelle@lda.bayern.de senden:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wende mich mit einem Anliegen bezüglich der
123 Shared Mobility Germany GmbH
Scheiblerstraße 1a
94447 Plattling
vertreten durch den Geschäftsführer Peter Baumgartner
an Sie. Ich habe als Verbraucher einen Mietvertrag mit dem Unternehmen über einen Transporter geschlossen. Wie mir erst im Nachgang bewusst wurde, habe ich im Rahmen des Vertragsschlusses offenbar folgende Vertragsbedingungen akzeptiert (auszugsweise):
„§9 VERTRAGSSTRAFEN FÜR GESCHWINDIGKEITSÜBERSCHREITUNGEN
9.1 Unabhängig von § 8.1 fallen für Geschwindigkeitsüberschreitungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen Vertragsstrafen in der in der Tabelle im Anhang 2 angegebenen Höhe an. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Sinne dieser AGB liegt vor, wenn die gefahrene Geschwindigkeit, die am jeweiligen Ort gemäß den geltenden Verkehrsvorschriften zulässige Höchstgeschwindigkeit um den jeweils einschlägigen Schwellenwert (vgl. Tabellen im Anhang 2), jedoch mindestens um 10 km/h,überschreitet und dieser Zustand über einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 5 Sekunden andauert („Geschwindigkeitsüberschreitung“). Überschreitungen, die weniger als 5 Sekunden andauern („Momentüberschreitungen“), gelten nicht als Geschwindigkeitsüberschreitungen im Sinne dieser AGB. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 10 km/h erstmals für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 5 Sekunden andauert und endet in dem Zeitpunkt, in dem die zulässige Höchstgeschwindigkeit erstmalig seit Beginn der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr überschritten wird.“
(s. https://123-transporter-public.s3.eu-central-1.amazonaws.com/agb/0197f35a-d8ea-7154-ad5f-ed1da3dd9e59-agb_v81_de_20250710.pdf)
Vertragsstrafen macht das Unternehmen auch regelmäßig geltend, wie eine Recherche ergab.
In den Informationen gemäß Art. 13 DSGVO führt das Unternehmen aus:
„2.2) Verarbeitungszweck – Aufklärung und Nachweis von vertragswidrigem/strafbarem Verhalten: Mit Blick auf die Durchsetzung berechtigter und die Abwehr unberechtigter zivilrechtlicher Ansprüche sowie mit Blick auf unsere Preiskalkulation sind wir darauf angewiesen, vertragswidriges oder gar strafbares Verhalten im Zusammenhang mit den von uns vermieteten Transportern aufzuklären und im Falle einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung beweisen zu können.
Rechtsgrundlage für diese Verarbeitung ist unser berechtigtes, überwiegendes Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO an der Aufklärung und dem Nachweis vertragswidrigen/strafbaren Verhaltens. Unser Interesse überwiegt ein etwaig entgegenstehendes Interesse Ihrerseits, da uns ein Nachweis der jeweiligen Vertragsverletzungen anderweitig nicht möglich ist.
Liegt kein Auslese-Anlass vor, werden die GPS-Daten spätestens 28 Tage nach Erhebung gelöscht. Soweit im Einzelfall ein Auslese-Anlass vorliegt und die Daten auf unseren Server geladen werden, werden diese Daten von uns grundsätzlich nur so lange gespeichert, wie dies zur Erreichung des Zwecks der Verarbeitung erforderlich ist. Soweit wir die Daten etwa für die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche verwenden, löschen wir die Daten im Regelfall nach Abschluss der gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung oder nach Verjährung der entsprechenden Ansprüche.“
(s. https://123-transporter.de/datenschutz). Diese Formulierung lässt befürchten, dass komplette Bewegungsdaten für 28 Tage offenbar auch anlasslos gespeichert werden.
Daraus schließe ich, das während meiner gesamten Mietdauer eine GPS-Überwachung meines Standorts und meiner Bewegungsdaten erfolgte. ich halte diese Vereinbarung in den AGB für schuldrechtlich unwirksam, da dadurch eine unangemessene Benachteiligung gemäß § § 307 Abs. 1 BGB entsteht. Das Unternehmen erleidet durch das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit keinen Schaden, der durch eine Vertragsstrafe pauschaliert werden könnte. Im Übrigen ist eine per GPS ermittelte Geschwindigkeit aufgrund von Ungenauigkeiten des Systems auch nicht zur Feststellung geeignet. Aus diesem Grund besteht auch kein berechtigtes Interesse an der dauerhaften Überwachung von Standort und Geschwindigkeit. Ich habe daher Bedenken, dass diese vollständige Überwachung rechtswidrig ist.
Ich bitte Sie um Prüfung und Rückmeldung.
Fazit
Da bin selbst ich als Profi sprachlos. Die Fülle der Regelungen, die für Mieter erheblich nachteilig sind und bei nicht genauer Prüfung für die eine oder andere Überraschung sorgen dürften, ist schon gewaltig. Ein Unternehmen, dass seinen Kunden solche Vertragsbedingungen stellt, halte ich persönlich für wenig seriös. Es stellen sich auch diverse Fragen zur rechtlichen Wirksamkeit der Regelungen, sodass eingezogene Vertragsstrafen und zu lange einbehaltene Kautionen auf dem Prüfstand stehen. Sollten Sie Schwierigkeiten mit diesem Unternehmen haben, so stehe ich gerne im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung zur Verfügung.