Die Rechte bei annullierten Flügen aufgrund von Streiks sind vielfältig, so gibt es für gestrandete Passagiere Hotel, Verpflegung und einen Ersatzflug oder eine Erstattung der Flugscheinkosten.
Spannend ist aber das Thema Entschädigung, die je nach Strecke und Verzögerung von 125,00 € bis zu 600,00 € pro Person reicht, Art. 7 Abs. 1 der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG. Hier verbreiten sich gerade in social media urbane Mythen, wonach bei Streiks keine Ausgleichsleistung geschuldet sein soll. Das ist so pauschal und in den allermeisten Fällen, die sich ereignen, schlicht Unsinn.
Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands
Richtig ist noch: Ein Streik nicht-eigenen Personals kann als außergewöhnlicher Umstand gelten. Die Rechtsprechung hat dies, in Abgrenzung zu Streiks eigenen Personals (Argument: Bezahlt doch einfach mehr!) häufig thematisiert, was auch nachvollziehbar ist.
Kausalität oft ein Problem
Dass ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, genügt aber alleine nicht, vielmehr bedarf es auch der Kausalität des Umstands für die Annullierung. Etwas plastischer: Ein Vulkanausbruch auf Maui ist sicher ein außergewöhnlicher Umstand, aber was hat ein Flug von Düsseldorf nach Berlin damit zu tun? Die Frage der Kausalität wird gerne von Laien verkannt und diese Lücke nutzen Airlines gerne aus, um sich aus berechtigten Ansprüchen herauszureden.
Fall 1: Keine Lust, Crew stranden zu lassen
Ein besonders einfacher Fall, der bei jedem Streik bei auswärtigen Airlines zu beobachten ist: Nach mir vorliegenden Unterlagen hat sich TAP dazu entschieden, den Flug am Vorabend des Streiks nach München zu annullieren.
Schon am 26. Februar, einen Tag vor dem Streik, hat TAP keine Lust mehr, Beförderungsverträge zu erfüllen
Der vermutliche Grund: Die Crew könnte am Folgetag nur unter erschwerten Bedingungen wieder zurück nach Portugal gelangen, bleibt vermutlich in München länger „hängen“. Das ist unschön, juckt den Passagier am Vorabend des Streiks aber nicht. Hier gibt es eindeutig 400,00 € Ausgleichsleistung (oder bei Langstreckenverbindungen sogar 600,00 €).
Fall 2: Keine Lust, nur gut gefüllte ankommende Flüge durchzuführen
Stand jetzt sieht es so aus, als könnten Flüge problemlos nach München fliegen, Passagiere könnten durch aussteigen. Airlines haben aber keine Lust, dass die Flüge ab München leer bleiben.
Sind Dienstleister, wie z.B. an der Abfertigung oder Sicherheitskontrolle, vom Streik betroffen, wird es zäh auf dem Weg von der Bordsteinkante bis zur Flugzeugtür. Das führt dann dazu, dass sich nur wenige Passagiere die Strapazen der Abfertigung antun und Flüge dann besonders leer durchgeführt werden. Ein Mitflug ist aber in aller Regel möglich: Passagiere könnten bereits am Vortag durch Sicherheitskontrollen bis zum Gate gelangen (übrigens mal ein Tipp eines Ferienfliegers bei einem der letzten Streiks in Frankfurt an seine Passagiere), den (in der Regel noch besetzten) VIP-Service am Flughafen nutzen oder einfach mit einem Transitflug München erreichen, um dort nur zum Anschluss umzusteigen. Das geht übrigens sogar mit Flugzeugen der allgemeinen Luftfahrt, also vielleicht mit dem Sportflugzeug Ihres Freundes oder Kollegen. Ja, das kostet Geld, ist aber möglich.
Landeentgelte für „Klein“Flugzeuge am Münchner Flughafen
Das gleiche gilt für Crews: Diese können entweder von anderen Flughäfen einfliegen (z.B. durch am Vorabend an anderen Orten geparkte Luftfahrzeuge), am Vorabend in den Sicherheitsbereich gelangen oder durch verbleibende Sicherheitskontrolle Zutritt erlangen. Der abgehende Flug kann (!) also durchgeführt werden, Airlines haben aber auf solche wenig wirtschaftlichen Flüge keine Lust.
Rechtsprechung existiert zu diesem Themenfeld quasi nicht, gut beratene Luftfahrtunternehmen knicken aber spätestens nach Klageerhebung ein, denn gerichtliche Entscheidungen erregen Aufmerksamkeit und sorgen dafür, dass sich immer weniger Fluggäste veräppeln lassen.
Fall 3: Keine adäquaten Ersatzbeförderungsmaßnahmen
Bei Annullierungen ist höchstrichterlich geklärt, dass die Ausgleichsleistung schon dann geschuldet ist, wenn eine Airline sich schon nicht darum bemüht hat, die Verspätung auch nur relevant zu verkürzen. Bietet Ihnen z.B. die Lufthansa erst einen Flug am Abend des Folgetages nach Istanbul an, obwohl Turkish Airlines schon vormittags fliegt, sind 400,00 € Ausgleichsleistung sicher. Gleiches gilt bei kürzeren Strecken auch für die Beförderung mit anderen Verkehrsmitteln, wie z.B. der Bahn. Wenn auch Airlines nach herrschender Ansicht darlegungs- und beweisbelastet sind, empfiehlt es sich, Alternativen zu sichern. Viele Airlines haben mit der Ersatzbeförderung auf Fremdairlines große Schwierigkeiten, weil es sie schlicht viel Geld kostet. Alternativ wäre es auch denkbar, Passagiere z.B. auf dem Landweg nach Nürnberg oder Memmingen zu befördern und schlicht von dort zu starten, was eine Verspätung oft relevant verkürzt
Fazit
Auch bei Streiks von Fremdpersonal dürfte in vielen Fällen die Entschädigung aus der Fluggastrechteverordnung geschuldet sein. Ihre Ansprüche nach einem Streik besprechen wir gerne im Rahmen der kostenlosen Erstberatung.