Lufthansa protestiert gegen Kreditkarten-Chargebacks „Hätte eh nicht fliegen können“

Airlines verstoßen derzeit in großer Zahl gegen die Verpflichtung, nach Aufforderung des Passagiers bei annullierten Flügen eine Erstattung binnen 7 Tagen vorzunehmen, Art. 8 Abs. 1 lit. a) der EU-Fluggastrechteverordung. Man argumentiert, der Arbeitsaufwand sei einfach zu groß, um alle Erstattungen zeitnah vorzunehmen. Das kann man glauben. Man kann aber auch mal schauen, was die Airlines mit ihrer so knappen Zeit machen.

In einem mir zugetragenen Fall eines Kreditkarten-Chargeback nimmt Lufthansa sich die Zeit zu erklären, warum die Rückbelastung – obwohl keine Leistung erbracht wurde – rechtswidrig ist. Sogar Tarifbedingungen werden in die Stellungnahme eingefügt, was mit einigem Rechercheaufwand verbunden ist.

Kurz: Der Passagier konnte gar nicht fliegen, weil er nicht einreisen durfte, also kommt nur die Option einer – in diesem Tarif – kostenpflichtigen Stornierung in Frage.

Ob der Passagier wirklich von einem Reiseverbot betroffen war (Diplomat? Medizinisches Fachpersonal?), wurde offenbar nicht geprüft.

Die Auffassung ist äußerst kühn. Ich bin der Ansicht, dass selbst dann, wenn ein Einreiseverbot bestünde, eine Annullierung eines Fluges zur Erstattung gem. Art. 8 Abs. 1 lit. a) der Fluggastrechteverordnung führt. Auch nach nationalem deutschen Zivilrecht sehe ich da keinen abweichenden Spielraum. Nach den Umständen muss ich also befürchten, dass es schlicht darum geht, sich auf Kosten von Passagieren ein (vermeintlich) kostenloses Darlehen zu beschaffen.

In der Vergangenheit haben Kreditkartenunternehmen in vielen Fällen bereits die Bearbeitung eines Chargebacks verweigert, da offenbar ein zu großer Ansturm auf dieses (Ausnahme-)Instrument stattfindet, eine solche Reaktion krönt diese Umstände aber.

5 Kommentare zu „Lufthansa protestiert gegen Kreditkarten-Chargebacks „Hätte eh nicht fliegen können““

  1. Thomas Kreuter

    Wenn sich die LH die Zeit nimmt, so im Detail auf einen Chargeback zu antworten, könnte man dem chargeback auch einfach zustimmen und den Refund durchführen, das geht schneller.
    Aber wie Sie selber schon oft erwähnt haben, nur #klagen hilft.

  2. Swiss macht es auch. Rückerstattungen, die sogar vor Monaten versprochen wurden aber nicht bezahlt wurden. Beim Eintreffen der Chargeback kommen die Beförderungsbedingungen zu der Kreditkartengesellschaft zurück mit der Ansage „Non Refundable“ schliesst eine Erstattung aus. Meist wird für die Airline entschieden. M.E. müsste das Auswirkungen haben. Ist das überhaupt legal, den Chargeback über einen ordentlich geschuldeten Betrag zu widersprechen? Das klingt nach Untreue und absichtlich falsche Angaben.

  3. Ich werde zeitnah versuchen bei der TAP ein Chargeback zu veranlassen, da diese Flüge nur teilweise durchgeführt haben und die Mehrkosten und zustehenden Entschädigungszahlungen die Buchungskosten (deutlich) übersteigen. Ich bin mal gespannt, ob das durchkommt.
    Ein Chargeback bei der TAP nach storniertem Flug funktionierte ohne Probleme.

  4. ich habe im Moment 7 chargebacks laufen, 2 wurden bestätigt (LH Stornobestätigung als Beweis der 100% Erstattung obwohl dort weder ein Betrag noch eine Referenz von LH steht! -das wurde durchgewunken!)

    5 andere offen
    2x VISA: OTA bestätigt seit Wochen die Nicherbringung der Leistung – keine Antwort von VISA
    1x Mastercard, OTA bestätigt den Erstatttungsantrag – Mastercard macht nichts!
    1x Mastercard Airline-Website: Refund nach einigem hin und her bestätigt, Mastercard sitzt es aus!
    1x Visa OTA bestätigt den Erstatttungsantrag – Visa macht nichts!

    Leider 2020 Corona bedingt die Regel

  5. Kelly Daryll Blanz

    Völlig richtig mit Blick auf den Erstattungsanspruch…..

    Ein im Zielland verhängter „Einreisestopp“ oder sonstige pandemiebedingte Einschränkungen der Reisefreiheit zählen nicht zu den zu vertretenden Gründen i.S.d. Art. 2 lit. j VO (EG) Nr. 261/2004, mit denen sich eine Fluggesellschaft exculpieren kann: Denn nach Auffassung des EuGH (vgl. EuGH EuZW 2012, 945) ist etwa eine auf außergewöhnlichen Umständen beruhende Neuvergabe von Flügen an einzelne Passagiere deshalb nicht mit den Beispielen aus Art. 2 lit. j VO (EG) 261/2004 vergleichbar, weil sie „in keiner Weise dem Fluggast zuzurechnen“ sind. Der Gerichtshof geht also von einem inneren Zusammenhang zu dem konkreten Passagier aus. Reisebeschränkungen allgemeiner Art zählen indes nicht dazu. Auswirkungen hat dies insbesondere mit Blick auf die Ansprüche der betroffenen Reisenden auf Erstattung des Flugpreises.

    vgl. Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Auflage 2020, § 7 Reiserecht Rn. 80, beck-online

    Kann ein Fluggast wegen eines staatlichen Einreiseverbots den Flug nicht antreten, kommt dies rechtlich einer Nichtbeförderung der Fluggesellschaft i.S.d. Art. 4 EG VO 261/2004 gleich. Hieraus lässt sich gem. Art. 8 EG VO 261/2004 ebenfalls ein Anspruch auf Erstattung des gesamten Flugscheinkosten ableiten.

    vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 09.11.2020 – 31 C 4196/20

    Daher ist ein Chargebackverfahren zulässig. Sofern sich die LH querstellt- wäre Klage zu erheben.

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