AG Wedding Sicherheitskontrolle Ausgleichszahlung

AG Berlin-Wedding: Ausgleichsanspruch nach zu langer Sicherheitskontrolle am Flughafen Berlin-Tegel

Überlastete Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen sind insbesondere nach Wiederanlaufen des Reiseverkehrs nach der Covid19-Pandemie immer wieder Thema in den Medien. Zuletzt häuften sich insbesondere solche Erfahrungen zum Pannenflughafen BER. In dem von mir betreuten Fall gibt es nun eine Ausgleichszahlung für einen verpassten Flug am Flughafen Berlin-Tegel, der bereits im Jahr 2019 wahrgenommen werden sollte.

Zum Sachverhalt

Mein Mandant erreichte pünktlich den Flughafen Tegel und begab sich vor seinem Abflug online eingecheckt und sein Gepäck abgegeben in die Lounge. Über eine halbe Stunde vor Abflug begab er sich zum Gate, wozu noch das Passieren der Sicherheitskontrolle erforderlich war. Die Warteschlange dort war aber erheblich und so endete das Boarding des Fluges mit Swiss, bevor er die Kontrolle passieren konnte. Swiss buchte auf einen Flug am Folgetag zum Endziel Amsterdam um, weigerte sich jedoch, die Kosten für Hotel, Taxi und Verpflegung zu ersetzen. Auch seine Ausgleichszahlung von 250,00 € nach der Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG sollte mein Mandant nicht erhalten. Mein Mandant habe sie nicht, wie die Verordnung es verlangt, rechtzeitig zur Abfertigung eingefunden.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht bejaht sämtliche Ansprüche und stellt dabei darauf ab, dass sich mein Mandant aufgrund des Online-Checkins bereits „zur Abfertigung eingefunden“ hat, bevor er überhaupt den Flughafen betreten hat. Die Umbuchung durch Swiss auf den KLM-Flug führte zu einer entschädigungspflichtigen Verspätung, was zur Entschädigung verpflichtet.

Denn die Beklagte hat nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um die wegen dieser Umstände drohende Annullierung abzuwenden. Zu den zumutbaren Maßnahmen, die einem Luftfahrtunternehmen obliegen, gehört auch die Suche nach einer anderweitigen Beförderung, die den Fluggast mit einer geringstmöglichen Verspätung an den Zielort bringt. Jene Suche muss das Unternehmen sowohl auf eigene Flüge als auch auf Flüge anderer Airlines erstrecken. Durch zumutbare Maßnahmen nicht vermeidbar ist eine Annullierung erst, wenn das Luftfahrtunternehmen dargelegt hat, dass kein Platz auf anderen Flügen verfügbar ist oder wenn eine solche Umbuchung dem Luftfahrtunternehmen ein nicht tragbares Opfer abverlangt

Warum ist hier noch von einer Widerklage die Rede? Mein Mandant hat nur einen Teil seiner Ausgleichszahlung eingeklagt, Swiss hat daraufhin widerklagend beantragt festzustellen, dass ihm auch der restliche Teil der Forderung nicht zusteht.

Fazit

Im Falle von Verzögerungen am Flughafen ist es sinnvoll, bereits online eingecheckt zu haben und die zeitlichen Vorgaben der Airlines zum Einfinden am Flughafen zu beachten. Auch sollten Zwischenschritte z.B. durch Fotos in Warteschlangen mit der Uhrzeit dokumentiert werden. So sind in vielen Fällen weitreichende Ansprüche bis hin zur Ausgleichszahlung durchsetzbar, wobei der erste Schritt z.B. mit einem Musterschreiben an das ausführende Luftfahrtunternehmen gegangen werden kann. In manchen Fällen kommt auch ein Amtshaftungsanspruch in Frage, mit dem sich der BGH – ablehnend – schon einmal auseinandergesetzt hat. Eignet sich Ihr Fall für eine Anspruchsdurchsetzung? Das klären wir gerne im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung.

AG Berlin-Wedding, Urt. v. 04.11.2021, 6 C 136/19

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