Verweis auf Reisebüro rechtswidrig: Air France verpflichtet sich zur Unterlassung

Ich hatte bereits darüber berichtet: Richtiger Ansprechpartner für die Geltendmachung von Ansprüchen nach der Fluggastrechteverordnung ist stets das ausführende Luftfahrtunternehmen. In einem aktuellen Verfahren der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. hat sich Air France vertraglich dazu verpflichtet, unzutreffende Verweise auf Reisevermittler gegenüber deutschen Verbrauchern zu unterlassen.

Was war passiert?

Es haben sich Verbraucher bei der Verbraucherzentrale beschwert, die sich aufgrund einer Annullierung an Air France wandten und Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung geltend machen wollten. Die Flugbuchung erfolgte nicht bei Air France direkt, sondern über einen Vermittler, zum Beispiel ein Onlinereisebüro. An der telefonischen Kundenbetreuung, aber auch per E-Mail verwies Air France an den Reisevermittler:

Verweis auf den Vermittler von der Kundenbetreuung

Ich kann dabei nur mutmaßen, dass sich hier über Jahrzehnte im Wechselspiel zwischen Passagieren, Vermittlern und Airlines ein System verfestigt hat, was mit der aktuellen Rechtslage bei Annullierungen schlicht nicht kompatibel ist.

Rechtslage

Die Rechtslage ist eindeutig: Egal wie ein Flug gebucht wurde (Pauschalreisen und nicht-öffentliche Tarife ausgenommen): Das ausführende Luftfahrtunternehmen schuldet Umbuchung oder Ersattung (Art. 8 Abs. 1 der Verordnung 261/2004/EG). Reisebüros können dabei unterstützen, sie sind aber nicht die einzige Anlaufstelle.

Vorgehen der Verbraucherzentrale

Die Verbraucherzentrale hat Air France abgemahnt und hiernach ein einstweiliges Verfügungsverfahren in Auftrag gegeben, was ich betreut habe. Vor der Einreichung des Eilantrages kam es aber zu einer Einigung: Air France hat sich ab dem 25. Mai 00:00 Uhr dazu verpflichtet, solche Verweise auf Vermittler bei der Erstattung des Ticketpreises nach Annullierung gegenüber Verbrauchern mit deutschem Wohnsitz zu unterlassen. Bei Verstößen muss Air France eine Vertragsstrafe an die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zahlen.

Praxisrelevanz

Die Praxisrelevanz ist erheblich, weil dieses Verfahren auch seinen Schatten auf andere Fälle nach der Fluggastrechteverordnung wirft: Häufig kommen Passagiere in die Situation, Veränderungen an der Buchung auch aus Gründen vorzunehmen, die aus der Sphäre der Airline stammen. Verweise an Reisevermittler kosten dabei unnötig Zeit, teils verlangen Vermittler für Änderungen oder Erstattungen sogar Gebühren. Dieses Problem ist, zumindest für Passagiere bei Air France, nun erledigt.

13 Kommentare zu „Verweis auf Reisebüro rechtswidrig: Air France verpflichtet sich zur Unterlassung“

  1. Pingback: Rechte bei Downgrade (auch durch Corona)? - rechteindeutig.de

  2. Hallo, folgender Sachverhalt (sehr gekürzt): bei einem Onlineportal habe ich am 24.02.2020 drei Flüge nach Atlanta/USA (Direktflug ab Stuttgart) gebucht, Kosten €2.134,26. Wenige Wochen nach meiner Buchung wurden die Flüge ohne meine Zustimmung geändert, sodass ich nun über Paris nach Atlanta fliegen sollte. Das wäre für mich auch kein Problem, aber…. Der Verlauf der anhaltenden Pandemie in den USA hat mich dazu bewogen, die Flüge zu stornieren. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes und die noch bestehende Einreisesperre für EU-Bürger (wegen Corona) in die USA waren für meine Entscheidung auch massgebend.
    Am 15.06.2020 nahm ich telefonisch Kontakt mit Air France auf, um die Flüge zu stornieren und den bezahlten Betrag zurückzufordern. Die nette Dame am Telefon zeigte zwar Verständnis für meine Entscheidung, sagte aber, dass Air France hier nichts machen kann und ich mich an den Reiseveranstalter wenden müsse. Und der möchte pro Fluggast € 75,00 einbehalten. Aufgrund der Beurteilungen dieses Veranstalters im Web kann man auch nicht sicher sein, ob man sein Geld jemals wieder sieht.

    Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis über die Abmahnung, welche Herr Dr. Böse für die Verbraucherzentrale „erstritten“ hatte, sonst hätte ich die Dame von Air France damit konfrontieren können. Auch kann ich keinen Nachweis führen, wenn ich von der Airline eine solche Auskunft telefonisch bekomme, oder?!
    Freundliche Grüße aus dem Wilden Süden
    Herbert

    1. Dr. Matthias Böse

      Ihr Fall klingt nach einem Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung, wenden Sie sich dazu gerne an die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, damit man diesen dort prüfen kann. Was Ihren Anspruch angeht: Da hilft vermutlich eine Klage, auch, um den „teuren“ Vermittler auszubooten.

  3. Hallo,
    ich habe Air Fance aufgefordert gehabt, mich kostenlos umzubuchen, nachdem Air France einen Flug storniert hat. Sowohl am Telefon als auch per Email verweist man mich an die Reiseagentur (Opodo), da ich dort gebucht habe.

    Daher die Frage: gilt diese Unterlassungsverpflichtung auch für Umbuchungen gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. c) der VO 261/2004

    Mit freundlichen Grüßen
    Martin

    1. Hallo Martin,
      danke für Ihre Anfrage. Auslöser der Abmahnung war lediglich der Verweis bei Erstattungen. Für Umbuchungen ist solch ein Verweis aber auch rechtswidrig. Sie können den Vorgang zum Beispiel der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen melden.

  4. Hallo Herr Dr. Böse,
    ich habe über den online-Flugvermittler lastminute.de Flüge für 4 Personen mit KLM gebucht (vom 30.05. – 13.06.2020), die wegen Corona annuliert wurden.
    Da die Erstattung des Flugpreises durch lastminute.de trotz mehrfacher Mahnung ausblieb, wandte ich mich direkt an KLM. Ich erfuhr, dass KLM den Flugpreis dem Vermittler lastminute.de erstattet hat. Dieser gibt die Erstattung jedoch nicht an mich weiter. Muss KLM dafür sorgen, dass ich den Flugpreis zurückerhalte ? Vielen Dank !

    1. Hallo Sylvia,
      durch den Auftrag an den Vermittler, die Erstattung für Sie anzufragen, wird es ein wenig schwerer. Die Airline ist nun höchstwahrscheinlich nicht mehr Ihr Schuldner. Ich würde an Ihrer Stelle bei Lastminute.de eine Auskunft zu einer etwaigen Erstattung verlangen und dann dort die Erstattung unter Fristsetzung anfordern.

      1. Vielen Dank, lieber Herr Dr. Böse !
        Die Airline KLM teilte mir mit, dass sie am 07.08.2020 die Erstattung des Flugpreises an lastminute.de getätigt hat.
        lastminute.de reagierte auf sämtliche Anfragen, Mahnungen und Fristsetzungen wie folgt:
        ________________________________________________________________________________________________
        LASTMINUTE – Informationen zu Ihrer Anfrage wegen Barauszahlung
        acknowledgement@lastminute.com
        Di, 16.03.2021 13:42
        An:

        xxx@hotmail.de

        Sehr geehrte/r Kundin/Kunde,

        um eine Rückerstattung des nicht genutzten Gutscheins, Reiseguthabens oder Reisegutscheins in Bar zu erhalten, rufen Sie uns bitte unter der Nummer 0049(0)3022380279 (mon – fre 08:00 / 21:00, sam – son 09:00 / 20:00) an und folgen Sie den Anweisungen.

        Sobald wir Ihre Anfrage erhalten haben, senden wir Ihnen eine E-Mail mit allen weiteren Informationen.

        BITTE BEACHTEN SIE:
        Wir bearbeiten Rückerstattungen als Barauszahlung nur per Telefon. Leider können wir keine Anfragen berücksichtigen, die per E-Mail gesendet wurden.

        Mit freundlichen Grüßen

        Ihr Kundenservice
        ________________________________________________________________________________________________

        Die angegebene Telefonnummer ist zu keinem Zeitpunkt erreichbar – offensichtlich sollen die Kunden nur hingehalten und getäuscht werden ! Glauben Sie, dass ein Mahnbescheid + eine Anzeige wegen Veruntreuung Sinn macht ?

          1. Sehr geehrter Herr Dr. Böse,
            nach 1-jährigem Schrift- und Emailverkehr habe ich von lastminute.de / BravoNext nun endlich den Flugpreis abzüglich € 30,00 erstattet bekommen.
            Auf Nachfrage wurde der Abzug als „Bearbeitungsgebühr“ deklariert. Auf der Gutschrift erschien allerdings der volle Flugpreis, und unter „Verwaltungsgebühren und Service-Fee“ war nichts aufgeführt.
            Muss ich den Abzug trotzdem akzeptieren ? Vielen Dank !

          2. Leider habe ich schon Abzüge von bis zu 75,00 € je Passagier erlebt.
            Ob dies AGB-rechtlich wirksam vereinbart wurde, ist schwierig zu beurteilen. Vielleicht muss aber die Airline für diesen Schaden aufkommen, da diese Sie nicht richtig über Ihre Fluggastrechte informiert hat und sie nur deswegen den Vermittler eingeschaltet haben, um die Erstattung zu erhalten.

  5. Vielen Dank !
    Hab´ bei Stiftung Warentest noch Folgendes gefunden:

    Der Veranstalter hat die Reise storniert. Darf er Bearbeitungsgebühren verlangen?
    Nach Ansicht der Rechts­experten der Stiftung Warentest dürfen Reiseveranstalter, Fluggesellschaften und Reisevermittler von ihren Kunden keine Bearbeitungsgebühren für die Stornierung, die Umbuchung oder den Nichtantritt einer Reise verlangen. Kunden haben ein gesetzliches Recht darauf, eine gebuchte Reise zu stornieren.
    Die Abwicklung einer Stornierung ist deshalb eine Tätigkeit, zu der ein Veranstalter oder eine Fluggesellschaft oder ein Reiseveranstalter als Hauptvertragspartner des Kunden ohnehin verpflichtet sind. Dafür dürfen sie kein gesondertes Entgelt verlangen.

    Das gilt genauso für einen Reisevermittler (etwa Reisebüro oder Internetportal), wenn dieser die Abwicklung für die Fluggesellschaft oder den Reiseveranstalter übernimmt.

    Eine solche „Bearbeitungsgebühr“ ist eine unzulässige Vertragsstrafe – erst recht, wenn der Anbieter die Reise selbst storniert hat.

    Werde lastminute.de mal damit konfrontieren …

  6. Pingback: Air France und KLM untersagt Reisebüros Reisenden die Weiterleitung an Fluggastrechte-Dienstleister - Rechtsanwalt Dr. Matthias Böse

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