Bewertungen loeschen lassen Risiken Urteil

Bewertungen löschen lassen: Das Risiko für Auftraggeber

Bewertungen im Netz sind für Unternehmen je nach Branche bedeutend. Umso ärgerlicher ist es, wenn diese negativ ausfallen und so den Eindruck nach Außen trüben. In den letzten Jahren hat sich eine regelrechte Industrie zur Bewertungslöschung geformt. Das Vorgehen ist lukrativ: Durch die fortschreitende Rechtsprechung zu rechtsverletzenden Bewertungen, ist der Aufwand je Löschanfrage minimal, ein Musterschreiben ist in unter 30 Minuten aufgesetzt.

Um berufsrechtlich noch halbwegs unangreifbar (besser: unerkannt) solche Leistungen anbieten zu können, die gegen Erfolgshonorar erfolgen, werden dabei lustige Firmenkonstrukte im Ausland (gerne Zypern oder sonstige Schurkenstaaten) genutzt, um zu verschleiern, dass am Ende doch nur ein Anwalt mit Geschäftssinn die Serienmail binnen weniger weniger Augenblicke versendet.

Löschindustrie prüft offenbar nur selten

Eine Prüfung der Bewertungen, insbesondere ein Abgleich mit den Informationen des auftraggebenden Unternehmens erfolgt offenbar oft nicht. Warum auch? Das kostet nur Zeit und verhindert mögliche Ansätze zur Löschung. Nach dem Motto „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ scheinen manche Dienstleister dort hart an der Grenze des Vertretbaren zu agieren.

Fall bei Twitter

Im August bin ich auf einen Tweet aufmerksam geworden, der mein Interesse weckte:

Ich hatte schon gleich eine Idee, was hier passiert war: Eine Serienmail-Abmahnung für die „schnelle Mark“. Dass man sich da nicht so einfach geschlagen geben muss, habe ich dann auch als Idee in den Raum geworfen:

Die Kommentare darunter waren – auch von einem geschätzten Kollegen – sehr skeptisch gegenüber meiner Idee. Zugegeben: Die Anforderungen an eine Abmahnung sind nicht so hoch, wie im UWG oder im UrhG, bei denen ein falscher Atemzug das Verderben des Abmahnenden besiegelt,

Die Abmahnung und das abmahnende Hotel: Amüsant

Wenige Zeit später meldete sich aber die Betroffene bei mir und legte mir die Abmahnung vor. Da wusste ich: Das wird eine Freude.

Fangen wir an mit der Abmahnung. Der Kollege nutzt eine repräsentative Adresse „Unter den Linden“ in Berlin. Wow! Das macht Eindruck (ich behalte mir vor, diesen Satz irgendwann mal zu löschen, wenn ich meine Kanzlei auf der Königsallee einrichte). 10.000 Euro Gegenstandswert sind dann auch nachvollziehbar: So eine Lage kostet nun mal Geld. Was dann aber zum Anlass der Abmahnung genommen wird, ist noch viel aufregender, zeigt es doch, dass man vielleicht nicht so unfassbar gründlich die Umstände und Rechtslage geprüft hat.

So heißt es unter anderem (!) in der vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung:

Ausschnitt aus der Abmahnung

Wenn schon die Juristen unter uns sich nun mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen, wird es nochmal eine Spur unterhaltsamer. Die Bewertung meiner Mandantin, die übrigens auch etwas an ihrem Aufenthalt lobte, sah so aus:

Bewertung bei Booking.com

Der Witz: Das Wort „Enttäuschend“ hat meine Mandantin niemals in ihrem Leben auf Booking.com geschrieben. Vielmehr generiert booking.com – der Vertragspartner des Hotels – dieses Wort automatisch auf Basis einer Punktebewertung, wie zum Beispiel die Überschriften der nachfolgenden Bewertungen auch zeigen:

Weitere Bewertungen zum Parkhotel Putbus Superior

An diese Stelle darf ich zur Unterhaltung noch ein paar Worte zum abmahnenden Hotel verlieren. Grundsätzlich finde ich es ja gut, dass Unternehmen Wert darauf legen, dass alles der Wahrheit entspricht und kein falscher Eindruck erweckt wird. Das Hotel hat wohl auch schon mal selbst versucht, Bewertungen zu löschen. Das Vorgehen zeugt von hoher Professionalität:

Kommentar des Unternehmens unter einer negativen Bewertung bei Google

Beim Parkhotel Putbus Superior sehe ich aber noch etwas Nachholbedarf. Schauen Sie sich einmal das Angebot des Parkhotel Putbus Superior auf booking.com für 2-4 Sekunden an, schließen Sie dann die Augen und überlegen Sie sich, was das für ein Hotel sein könnte, was Sie dort erwartet. Und dann schauen Sie sich das Angebot nochmal GANZ genau an. Dieses Hotel präsentiert sehr opulent eine tolle Poolanlage. Dieses Becken gibts auch wirklich. Es ist aber einfach nur ein Foto der Rügen-Therme, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwei Stunden und sechs Minuten entfernt liegt. Zugegeben: Mit dem Auto sind es nur rund 34 Minuten für die 30 Kilometer. Ich frage mich, warum noch kein Hotel aus Norderstedt auf die Idee gekommen ist, die Elbphilharmonie abzubilden.

Aufforderung zum Verzicht blieb erfolglos

Meine Mandantin hat das Unternehmen zunächst selbst aufgefordert, auf die geltend gemachten Ansprüche zu verzichten. Es erfolgte keine Reaktion. Ich erkläre mir das damit, dass man gar nicht wusste, was hier los ist. Vermutlich hatte dort einfach nur jemand auf eine bunte Werbeanzeige „Jetzt Bewertung easy löschen lassen“ geklickt. So dürfte es den meisten solcher Auftraggebern gehen.

Negative Feststellungsklage – Urteil

Dann folgte etwa, das zugegebenermaßen nur wenige Betroffene machen: Meine Mandantin beauftragte mich, eine negative Feststellungsklage zu erheben. Damit drehen wir den Spieß um und bereiten dem Unternehmen Ärger und Kosten, sorgen aber vor allem für Klarheit, damit meine Mandantin weiß, woran sie ist. Diese negative Feststellungsklage war auch erfolgreich, es erging ein Versäumnisurteil. Offenbar sah man ein, dass man hier rechtswidrig gehandelt hat.

Versäumnisurteil des AG Dillingen a. d. Donau

Fazit

Rechtswidrige Bewertungen gehören gelöscht, das steht nicht zur Diskussion. Auch ich leiste das für meine Mandanten. Halbgaren Löschungsdienstleistern im Netz sollte aber mit einer gehörigen Portion Misstrauen begegnet werden. Auch für Anwälte, die teils möglicherweise vermuten, mit Serienbriefen und wenig Aufwand schnell Geld verdienen zu können, dürfte das eine Erinnerung daran sein, dass die Geltendmachung von Ansprüchen keine Einbahnstraße ist.

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