Dass Fluggastrechte gerade auf Airlineseite für beteiligte Rechtsanwälte ein Massengeschäft ist, leuchtet ein. Manchmal ist der Vortrag aber so skurril, dass auch ein wenig interessierte Laien sich nur wundern können. So habe ich es in einem aktuellen Verfahren gegen Eurowings vor dem AG Düsseldorf erlebt.
Flug annulliert – keine Erstattung
Mein Mandant wurde Opfer einer Flugannullierung eines Fluges von Düsseldorf nach Punta Cana (und zurück) im Zuge der Covid19-Pandemie. Nachdem ihm der Ticketpreis nicht erstattet wurde, beauftragte er einen Rechtsanwalt, was zwar zur Erstattung des Flugpreises, nicht aber zur Erstattung der Anwaltskosten führte, obwohl hier klar Verzug vorlag (die Rückzahlung muss die Airline binnen sieben Tagen ab Erstattungsverlangen veranlassen). Daraufhin wurde Klage gegen Eurowings auf Zahlung erhoben.
Ungewöhnliche Buchungskonstellation
Die Buchung erfolgte dabei über die Website der Lufthansa, auch wiesen die Flüge Lufthansa Flugnummer mit LH beginnen auf. Auch war aber angegeben, dass die Flüge von Eurowings ausgeführt werden sollten:
Tatsächlich sind LH-Flugnummern, die mit einer fünf beginnen, stets sogenannten Codeshare-Verbindungen, die von anderen Luftfahrtunternehmen als der Lufthansa durchgeführt werden.
Eurowings: Das ist nicht unser Flug
In dem Verfahren ließ Eurowings vortragen, dieser Flug sei ein solcher, den Lufthansa hätte durchführen sollen:
Kenner wissen: Die letzte Langstreckenverbindung ab Düsseldorf erfolgte im Jahr 2018, nämlich nach New York Newark (EWR). Seitdem wurden die meisten Langstrecken von Eurowings durchgeführt (teils mit Hilfe von Brussels Airlines). Dass Eurowings hier also die Flugdurchführung bestreiten lässt, ist schon sehr skurril.
Gericht: Klar, dass Eurowings hier ausführendes Luftfahrtunternehmen war
Das Gericht findet in seiner Entscheidung klare Worte:
„Die Beklagte ist passivlegitimiert. Soweit sie sich darauf beruft, dass die Lufthansa das ausführende Luftfahrtunternehmen gewesen sei, weil die streitgegenständlichen Flüge LH-Flugnummern hätten und lediglich die Buchung über das Portal der Beklagten erfolgt sei, steht dies der Passivlegitimation nicht entgegen. Insbesondere scheitert die Passivlegitimation nicht an dem Umstand, dass über die Plattform „flightstats“ keine Flüge mit den Flugnummern der Lufthansa LH5450 bzw. LH5451 ausgewiesen werden mögen. Denn zumindest aus der Stornierungsbestätigung, welche die Klägerseite mit dem Schriftsatz vom 18.06.2021 vorlegt und dessen Inhalt die Beklagte auch nicht entgegengetreten ist, weshalb er gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt, ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte das ausführende Luftfahrtunternehmen der streitgegenständlichen Flüge war. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Beklagten steht angesichts dessen mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte ausführendes Luftfahrtunternehmen der streitgegenständlichen Flüge war.“
Fazit
In den allermeisten von mir betreuten Fällen erkennen Airlines gegen sie erhobene Klagen schlicht an, nachdem die Klage zugestellt wurde, auch wenn man vorher noch versuchte, sich aus Ansprüchen herauszureden. Dass aber vor Gericht falsch zum Flugangebot vorgetragen wird, ist schon sehr außergewöhnlich. Für Passagiere ist es wichtig zu wissen, wer überhaupt der richtige Schuldner von Ansprüchen ist, um effektiv Ansprüche durchzusetzen und nicht womöglich Kosten für eine Auseinandersetzung mit dem falschen Schuldner tragen zu müssen. Das kann zum Beispiel im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung erfolgen.
AG Düsseldorf, Urt. v. 27.07.2021, 36 C 75/21 hier im Volltext