Immer wieder können einzelne Flüge aus einer einheitlichen Buchung nicht angetreten werden, Airlines wie die Lufthansa meinen, dass Tickets dann nicht mehr gültig seien und verweigert die Beförderung. Bereits in vielen Verfahren konnte ich für meine Mandanten erfolgreich Ansprüche durchsetzen, nun kippte am 7. Juni 2024 auch das das OLG Köln die AGB-Klausel der Lufthansa.
Weniger Leistung – mehr zahlen?
Airlines verkaufen Tickets teils dann vergünstigt, wenn diese die Flexibilität des Passagiers einschränken. So ist die Möglichkeit zur kostenfreien Stornierung oder Umbuchung beschränkt. Auch beliebt sind Vorgaben zur sogenannten Couponreihenfolge.
Lufthansa formuliert zum Beispiel wie folgt:
Sofern Sie sich für einen Tarif entschieden haben, der die Einhaltung einer festen Flugscheinreihenfolge vorsieht, beachten Sie bitte: wird die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten angetreten, werden wir den Flugpreis entsprechend Ihrer geänderten Streckenführung nachkalkulieren. Dabei wird der Flugpreis ermittelt, den Sie in Ihrer Preisgruppe am Tag Ihrer Buchung für Ihre tatsächliche Streckenführung zu entrichten gehabt hätten. Dieser kann höher oder niedriger sein als der ursprünglich bezahlte Flugpreis.
War die von Ihnen ursprünglich gebuchte Preisgruppe für die geänderte Streckenführung am Tag der Buchung nicht verfügbar, wird für die Nachkalkulation die günstigste verfügbar gewesene Preisgruppe für Ihre geänderte Streckenführung zugrunde gelegt.
Sofern am Tag der Buchung für Ihre geänderte Streckenführung ein höherer Flugpreis zu entrichten gewesen wäre, werden wir unter Anrechnung des bereits gezahlten Flugpreises die Differenz nacherheben. Bitte beachten Sie, dass wir die Beförderung davon abhängig machen können, dass Sie den Differenzbetrag gezahlt haben.
Allgemeine Geschäftsbedingungen – Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB Flugpassage)
Mein Mandant hatte sein Ticket über ein Onlinereisebüro gebucht und – wie so häufig – die Tarifbestimmungen von Lufthansa nicht hinreichend dargelegt bekommen. Dazu kommt: Aus meiner Sicht sind die Regelungen zur Couponreihenfolge unwirksam. Nachdem Lufthansa ihn in Nordafrika am Flughafen stehen lassen wollte, weil er seinen Hinflug zuvor verpasste, zahlte er zähneknirschend rund 180,00 € nach und verlangte die Erstattung im Anschluss. Dies verweigerte Lufthansa.
Klage erhoben – Lufthansa zahlt
Nach erhobener Klage tauchte ein recht unscheinbarer Hinweis in meiner Akte auf:
Lufthansa hatte schlicht nach Eingang der Klage gezahlt, den Mehrpreis sowie auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung.
Parallelen zum Nachberechnungs-Fall
Dabei zeigen sich eine Vielzahl von Parallelen zum Nachberechnungsfall, in dem Lufthansa nach Verfallenlassen des letzten Segments in der ersten Instanz unterlegen war und die Berufung – im Termin – zurücknahm. Übrigens „aus kundendienstlichen Gründen“, wie man ausdrücklich beteuerte.
BGH hat Nachberechnung grundsätzlich gestattet
Der BGH in seiner Crossticketing-Entscheidung (BGH, 29.04.2010 – Xa ZR 5/09) den Weg grundsätzlich für Nachberechnungen geebnet. Damals sollte ein Ticket „ersatzlos“ verfallen. Das war aus Sicht des BGH rechtswidrig, vielmehr muss dem Passagier ein Aufzahlen möglich sein, um wenigstens ein Stück seiner geleisteten Zahlung noch „retten“ zu können. Diese Vorgaben des BGH – die viele Lücken aufweisen – dann aber rechtswirksam umzusetzen, ist zumindest aus meiner Sicht nicht sonderlich einfach.
Update: OLG Köln untersagt AGB-Klausel der Lufthansa
Das OLG Köln (Urt. v. 07.06.2024, 6 U 139/23) hat in einem Verfahren des Verbraucherzentrale Bundesverband VZBV meine Argumentation ebenfalls verwendet um zu begründen, dass die AGB-Regelung der Lufthansa unwirksam ist. Die dort streitgegenständliche Klausel würde nämlich auch dann zu einem Verfallen des Resttickets führen, wenn ein Teilflug aus Gründen nicht angetreten wurde, die nicht in der Sphäre des Passagiers liegen. Skurril ist: Lufthansa dürfte nach der bisherigen Regelung in den Tarifbedingungen sogar dann nachberechnen, wenn ein Teilflug nicht angetreten wurde, weil dieser annulliert wurde. Das ist natürlich evidenter Unsinn. Lufthansa hat in dem Verfahren mit unterschiedlichen Fallgestaltungen, dem bewussten Tarifumgeher sowie dem sogenannten „Schicksalskunden“ unterscheiden wollen, der ohne Schuld in die Lage des verpassten Fluges geraten ist. Dabei wurde aber schlicht eine Grundsäule des AGB-Rechts übersehen: Die AGB-Kontrolle erfolgt abstrakt generell mit der Frage: „Was könnte diese Klausel ermöglichen?“
Wenn auch das OLG Köln die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat und ich schon aufgrund der gekränkten Ehre der Juristen bei der Lufthansa überzeugt davon bin, dass man hiermit noch den Bundesgerichtshof befassen wird, dürfte die Entscheidung recht sicher auch dort gehalten werden.
Folgen für Passagiere
Spätestens mit der (nicht rechtskräftigen) Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist nun für Verbarucher mehr Rechtssicherheit gegeben. Wer mit unwirksamen Tarifbedingungen konfrontiert wurde, hat ein Recht auf Beförderung. Wer nicht befördert wird, erhält bei Verzögerungen die ihm zustehende Ausgleichsleistung und die Mehrkosten erstattet.
Wer in den letzten Jahren eine Nachzahlung wegen eines verpassten Fluges geleistet hat, sollte eine Erstattung verlangen. Sind Sie sich unsicher, wie Sie vorgehen sollten? Nutzen Sie das Angebot der kostenlosen Erstberatung.