In den letzten Wochen und Monaten werden Fahrzeugkäufer des Model 3 und Model Y von Tesla mit einer Änderung konfrontiert: Ultraschallsensoren (USS) werden durch kamerabasierte Sensoren ersetzt, Tesla Vision. Das sorgt – berechtigt – für einigen Ärger bei Kunden. Wichtig: Auch Verbraucher, die der Änderung zugestimmt haben, können vermutlich noch Ansprüche geltend machen. Die Schritte lauten dabei: Widerruf Änderungsvertrag (vorsorglich), Aufforderung zur Nacherfüllung und dann Minderungsverlangen, dazu gleich mehr.
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Vereinbarung beim Kauf: Ultraschallsensoren
Im Rahmen des Kaufprozesses hat Tesla die Fahrzeuge beschrieben, so hieß es zum Beispiel in der zum Bestellzeitpunkt zugänglich gemachten Anleitung zum Fahrzeug:
Auch wird im Laufe der Anleitung immer wieder auf diese Sensoren und ihre Funktionen hingewiesen.
Änderungen und ihre Folgen
Nunmehr hat sich Tesla aber dazu entschieden, Fahrzeuge zu einem großen Teil ohne diese Sensoren auszuliefern und stattdessen auf die verbauten Kameras zurückzugreifem. Das ist aber vermutlich kein Fortschritt, wie sonst bei Tesla üblich: Gerüchten zufolge spart Tesla durch dieses Vorgehen Teile im Wert von rund 114 USD ein.
Die Folgen für Nutzer sind durchaus auffällig: Für die meisten Nutzer bedeutet dies Einschränkungen bei der Einparkhilfe. Auch sollen Funktionen wie der Parkassistent, das Autoparken und das Herbeirufen des Fahrzeuges erst zum späteren Zeitpunkt wieder funktionieren. Die optischen Sensoren haben zudem den Ruf, auf äußere Einflüsse (Regen, Schnee, Schmutz) empfindlicher zu reagieren und früher den Dienst zu verweigern. Wenn auch Tesla zusagt, hierfür eine Lösung zu finden, ist das derzeit nicht der Zustand des Fahrzeuges, der dem geschlossenen Kaufvertrag entspricht. Dass auch Softwarelösungen den Nachteil nicht ganz werden ausgleichen können, hat auch ein Nutzer im Teslafahrer und Freunde Forum (TFF) zutreffend ausgeführt.
Keine Auslieferung ohne Zustimmung
Um sich möglichen Diskussionen mit Käufern zu entledigen, hat Tesla einen geschickten Schachzug geplant: Sobald Käufer ihre Abschlussrechnung erhalten, das Fahrzeug also in greifbare Nähe rückt, verlangt Tesla in vielen Fällen auf der Website die Zustimmung zu dieser neuen Konfiguration.
Wird diese nicht erteilt, versendet Tesla gleichwohl Fahrzeugpapiere für die Zulassung, weist auch einen Übergabetermin zu. In den von mir betreuten Fällen weigert man sich aber dann vor Ort, das Fahrzeug herauszugeben, sollte keine Zustimmung erklärt werden. Tesla beruft sich dabei auf ein Änderungsrecht in den AGB:
Das ist nach meiner Ansicht für eine solch gravierende Änderung nicht anwendbar.
Nach meinem Einschreiten erklärt sich Tesla dann aber zur Herausgabe bereit:
Ansprüche von Käufern: Übergabe und Nutzungsausfallschaden
Ich sehe keinen Grund, dass Tesla die Übergabe (und ggf. Übereignung) des Fahrzeuges verweigern dürfte. Es besteht ein bindender Kaufvertrag, die Pflicht zur Erfüllung hat sich durch Übersendung der Fahrzeugpapiere bereits auf das konkrete Fahrzeug verengt. Damit besteht ein vertraglicher Erfüllungsanspruch.
Gerät Tesla in Verzug mit der Erfüllung, hier durch unberechtigte Verweigerung der Herausgabe, sind Verzugsschäden zu ersetzen. Das ist einerseits ein möglicher Nutzungsausfallschaden (für ein Model 3 immerhin 79,00 € pro Tag) sowie auch Kosten einer anwaltlichen Vertretung zur Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs.
Bereits zugestimmt – Was kann ich tun?
Wenn Sie bereits der Änderung des Kaufvertrages auf Vision-only zugestimmt haben sollten, könnte dieser Änderungsvertrag möglicherweise widerruflich sein, da es sich bei dem Änderungsvertrag um einen Fernabsatzvertrag gem. § 312c BGB handeln könnte.
Ein Muster, das Sie angepasst versenden:
An: germany_sales@tesla.com
Betreff: Widerruf Änderungsvertrag RNxxxxx
Sehr geehrte Damen und Herren,
zu o.g. Vertrag haben Sie von mir eine Zustimmung zu einem Änderungsvertrag zu einem Einsatz von Kamerasensoren verlangt. Diesen Änderungsvertrag widerrufe ich hiermit.
Mit freundlichen Grüßen
Xxxx
Minderung des Kaufpreises
Wer sein Fahrzeug ohne Zustimmung zu der Änderung erhalten hat oder wirksam den Änderungsvertrag widerrufen hat, kann seinen Mängelansprüche gegen Tesla geltend machen. Zunächst ist Tesla nach dem vorgenannten Widerruf der Änderungsvereinbarung zur Nacherfüllung mit angemessener Frist aufzufordern, z.B. mit folgendem Muster an germany_sales@tesla.com :
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Fahrzeug unter der RNxxxxx ist entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht mit Ultraschallsensoren ausgerüstet, was den Funktionsumfang einschränkt. Ich fordere Sie hiermit zur Nacherfüllung auf, dies mit Frist bis zum [Datum in drei Wochen]. Nach Fristablauf behalte ich mir weitere Mängelrechte vor.
Mit freundlichen Grüßen
[Name Besteller]
Hiernach kann eine Minderung des Kaufpreises in Betracht gezogen werden (§ 441 BGB). Sollte der Mangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB überschreiten, käme auch ein Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht.
Schritt drei: Kaufpreisminderung
Ist die Frist zur Nacherfüllung abgelaufen, wenden Sie sich erneut an Tesla und verlangen die Zahlung des Minderungsbetrages:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Fahrzeug unter der RNxxxxx ist entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht mit Ultraschallsensoren ausgerüstet, was den Funktionsumfang einschränkt. Auf die Aufforderung zur Nacherfüllung erfolgte diese nicht. Ich fordere Sie hiermit zur Erstattung des anteiligen Kaufpreises vomn 3.000,00 € im Wege der Minderung auf, dies mit Frist bis zum [Datum in einer Woche] eingehend auf mein Konto IBAN [Einsetzen].
Mit freundlichen Grüßen
[Name Besteller]
Erfolgt hier auch keine Reaktion, wäre nun eine anwaltliche Beauftragung oder Klage der nächste Schritt.
Alternative zum Anwalt: Kleinfee.com setzt Ansprüche ohne Kostenrisiko durch
Für Käufer, die das Kostenrisiko scheuen, weil zum Beispiel keine Rechtsschutzversicherung besteht, dürfte der Dienstleister Kleinfee die richtige Wahl sein. Gegen Erfolgsbeteiligung von 25 % kümmert sich das Unternehmen um den Schriftverkehr mit Tesla und macht dann auch die Minderung geltend. Die Provision ist nur im Erfolgsfall geschuldet. Kleinfee bewertet nach Konsultation eines Sachverständigen den Anspruch auf Minderung des Kaufpreises auf bis zu 2.500,00 €.
Fazit
Das Vorgehen Teslas ist recht dreist und aus meiner Sicht rechtswidrig. Betroffene sollten sich nicht in die Tesla-Vision-Enge treiben lassen und auf eine Übergabe des Fahrzeuges ohne Zustimmung bestehen. Nach Fristablauf oder Verweigerung können Betroffene einen Rechtsanwalt einschalten. Wer ein Fahrzeug ohne Zustimmung erhalten hat (oder diese wirksam widerrufen hat), kann Tesla zur Nacherfüllung auffordern und, wenn dies erfolglos bleibt, z.B. den Kaufpreis mindern. Ob und welche Ansprüche Ihnen zustehen, bespreche ich gerne mit Ihnen im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung.