Unwetter Fluggastrechte Entschaedigung

Keine Entschädigung bei Unwetter? Die (manchmal) faule Ausrede der Airlines

Dass außergewöhnliche Umstände oft eine faule Ausrede sind, habe ich schon einmal ausgeführt. Gerade das Thema Wetter wird aber immer wieder bei bestimmten Wetterlagen zum Thema und gibt mir einen Anlass, diesen Punkt genauer zu beleuchten. Nebel, Wind, Schnee und Eis sind Garanten für Ärger bei den Flugverbindungen. Was auf den ersten Blick wie außergewöhnliche Umstände klingt und von Airlines gerne als Ausrede benutzt wird, um der bis zu 600,00 € umfassenden Entschädigung zu entkommen, ist auf den zweiten Blick ein Fall, in dem sehr wohl gezahlt werden muss.

Update 16.01.2024 13:00 Uhr: Lufthansa hat begonnen, Flüge für den 17. Januar in massivem Umfang zu annullieren. Sollte sich nachher herausstellen, dass der Flugbetrieb möglich gewesen wäre, ist das auch ein spannender Aspekt.

Sind die Umstände außergewöhnlich?

Die erste Frage, die man sich stellen muss: Sind die Umstände wirklich außergewöhnlich? Dass ein Flugzeug bei einer Reise im Januar in Tromsø enteist werden muss, ist zu erwarten. Auch Seitenwind auf Madeira ist üblich und damit einzuplanen.

Kann Verspätung / Annullierung vermieden werden?

Die zweite Frage, die Sie sich stellen müssen: Konnte das Luftfahrtunternehmen die Verspätung oder Annullierung durch zumutbare Maßnahmen vermeiden?
Der Klassiker ist hier die Umbuchung auf andere Flüge, auch Flüge anderer Airlines sind im Zweifel geschuldet. Auf den Preis des Ersatzfluges kommt es dabei eher nicht an. Reisende sorgen für später bestmöglich vor, wenn sie noch am Abflugtag Alternativen recherchieren und z.B. Screenshots fertigen. Unterlässt eine Airline die Umbuchung, entfällt die Möglichkeit der Berufung auf außergewöhnliche Umstände und die Ausgleichsleistung ist zu zahlen.
Jüngst hatte ich eine Anfrage auf dem Tisch, bei der es um einen Flug nach Basel ging. Das Flugzeug drehte aufgrund starker Winde kurz vor Basel ab und landete wieder in Frankfurt. Was macht den Fall besonders? Solche Manöver beobachtete mein Mandant an mehreren Tagen. Zugleich landeten geringfügige größere Maschinen problemlos in Basel, weil sie offenbar weniger windanfällig waren. Die Lösung liegt daher nahe: Es hätte ein anderes Luftfahrzeug für die Route eingeplant werden müssen.
Spannend an dieser Stelle ist die Frage, wie weit Airlines im Voraus planen müssen. Einige meiner Mandanten nehme den Airlines die Arbeit ab und kontaktieren proaktiv bei herannahendem Unwetter mit der Bitte um Umbuchung, um so Probleme am Reisetag zu vermeiden. Einige Airlines handeln da vorbildlich und sind dankbar für die Hilfe, wie z.B. United Airlines, die sehr problemlose Umbuchungen ermöglichen. Andere Airlines interessieren sich weniger dafür und gängeln Passagiere, die sich „zu früh“ melden, mit happigen Umbuchungskosten, so zum Beispiel die Lufthansa. Ist erst am Abreisetag dann kein Ersatz mehr verfügbar, obwohl dieser vorher noch da war (aber verweigert wurde) dürfte auch das dazu führen, dass die Ausgleichsleistung zu zahlen ist.

Konnte die Verspätung verkürzt werden?

Einen ganz neuen Ansatz hat der Bundesgerichtshof im Oktober 2023 auf den Tisch gelegt: Seiner Ansicht zufolge ist die Ausgleichsleistung auch dann geschuldet, wenn die Verspätung nur hätte um mindestens drei Stunden verkürzt werden können (s. BGH Urt. v. 10.10.2023, X ZR 123/22. Es kommt also nicht darauf an, dass ein Passagier weniger als z.B. drei Stunden sein Ziel erreicht, auch eine Verkürzung von 24 auf 20 Stunden wäre danach relevant. Lässt die Airline eine solche Chance aus, muss sie die Ausgleichsleistung zahlen. Das ist insbesondere dann relevant, wenn eine Zug- statt einer Flugverbindung gewählt werden kann. Ab Frankfurt lassen sich fast alle innerdeutschen Ziele gut mit der Bahn in wenigen Stunden erreichen, statt Passagiere erst auf den nächsten Flug am Folgetag zu buchen. Wird das nicht angeboten, muss die Airline auch die Ausgleichsleistung zahlen.

Sonstige Rechte bestehen unabhängig von außergewöhnlichen Umständen

Auch wenn ich es schon oft geschrieben habe: Alle sonstigen Rechte aus der Fluggastrechteverordnung bestehen auch dann, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen und keine Möglichkeit zur Vermeidung oder Verkürzung der Verzögerung bestanden. Das sind insbesondere Ansprüche auf:

  • Ticketpreiserstattung
  • Ersatzbeförderung
  • Stellung von Verpflegung, Unterkunft und Transfer zu und von der Unterkunft

Fazit

Airlines versuchen sehr oft zu Unrecht, Passagiere unter Verweis auf außergewöhnliche Umstände abzuwimmeln. Tatsächlich gibt es aber in einer Vielzahl von Fällen sehr wohl Geld vom Luftfahrtunternehmen. Haben Sie Probleme mit einer Ausgleichsleistung? Nehmen Sie gerne meine kostenlose Erstberatung in Anspruch.

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