Eurowings Ausgleichsleistung nicht existenter Flug

LG Düsseldorf: Verkauf eines nicht-existenten Fluges verpflichtet zur Ausgleichsleistung

Wird Fluggästen eine Buchung für einen Flug bestätigt, der gar nicht existiert, verpflichtet das nach Ansicht des LG Düsseldorf zur Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG.

Flug verkauft, der schon längst annulliert war

Meine Mandanten buchten am 16. Mai 2020 einen Flug mit Eurowings von Pristina nach Düsseldorf für den 1. Juni 2020. Die Buchung wurde am gleichen Tag bestätigt. Später erfuhren die Kläger von einer Annullierung. Wie sich in der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Düsseldorf herausstellte, hat Eurowings den Flug intern bereits am 4. Mai 2020 annulliert. Meinen Mandanten wurde daher ein nicht-existenter Flug verkauft. Wenn auch ich nur über die Gründe spekulieren kann, dürfte es wohl in der Kommunikation zwischen Eurowings und dem Reisevermittler hier geknirscht haben.

Klage vor dem Amtsgericht Düsseldorf nur teilweise erfolgreich

Vor dem Amtsgericht Düsseldorf wurde Eurowings weitgehend antragsgemäß verurteilt, dies nach einem Anerkenntnis der Gegenseite. Über 3.000,00 € mussten für die Auslagen meines Mandanten und seiner Familie erstattet werden. Einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 lit. a) der Fluggastrechteverordnung verneinte das Amtsgericht aber, da sich Eurowings hier auf außergewöhnliche Umstände aus Anlass der Covid19-Pandemie berufen könne.

Berufung vor dem Landgericht Düsseldorf voraussichtlich erfolgreich

In einem Hinweisbeschluss vom 2. November 2022 führt das Landgericht Düsseldorf aus, dass die von mir für meinen Mandanten eingelegte Berufung vollumfänglich Aussicht auf Erfolg hat, also eine Ausgleichsleistung geschuldet ist. Abzustellen sei nicht auf die Frage, ob durch die Pandemie die Flugdurchführung unmöglich wurde. Vielmehr sei den Fluggästen ein Flug bestätigt worden, der gar nicht mehr existierte. Das Gericht führt zutreffend aus:

„Der Kläger rügt, dass sich das Amtsgericht nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt habe, dass dem Kläger und seiner Familie ein bekannt nicht stattfindender Flug verkauft worden sei. Der erstinstanzlich vernommene Zeuge T. hat ausgesagt, dass der streitgegenständliche Flug für den 01.06.2020 bereits am 04.05.2020 annulliert worden sei. Die Buchung des Fluges und damit die Ausstellung einer Buchungsbestätigung erfolgte unstreitig aber erst am 16.05.2020. Der Kläger hat sich den ihm günstigen Vortrag des Zeugen zumindest hilfsweise zu Eigen gemacht (vgl. BGH, Beschluss vom 10.11.2009 – VI ZR 325/08, r + s 2010, S. 83).
Die unstreitige Nichtbeförderung der Kläger ging damit weder auf vertretbare Gründe i.S.d. Art. 2 lit. j) Fluggastrechte-VO, noch auf einen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechte-VO zurück. Dass die Fluggäste auf dem von ihnen gebuchten Flug nicht befördert wurden, ist nicht kausal auf etwaige Einschränkungen des Flugverkehrs, sondern auf den (technischen) Fehler zurückzuführen, dass am 16.05.2020 noch ein Flug gebucht werden konnte, der bereits am 04.05.2020 von der Beklagten annulliert worden war. Ein solcher Umstand kann nicht als „außergewöhnlich“ angesehen werden. Der EuGH differenziert zwischen Vorkommnissen mit „interner“ und „externer“ Ursache (vgl. EuGH, Urteil vom 23.03.2021 – C – 28/20, NJW-RR 2021, 560 Rn. 39). Allein externe Ursachen sollen danach einen außergewöhnlichen Umstand darstellen können. Nach Auffassung des EuGH fallen darunter solche Vorkommnisse, die auf äußere Umstände zurückzuführen sind, die in der Praxis mehr oder weniger häufig vorkommen, aber vom Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar sind, weil sie auf ein Naturereignis oder die Handlung eines Dritten, etwa eines anderen Luftfahrtunternehmens oder einer öffentlichen oder privaten Stelle, zurückgehen, die in den Flug- oder den Flughafenbetrieb eingreifen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Buchungsvorgang – auch durch weitere Akteure wie Reisevermittler oder andere Fluggesellschaften – als Moment des Vertragsschlusses ist als ein internes Vorkommnis anzusehen.“

LG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 02.11.2022, 22 S 109/22)

Es dürfte nun zu erwarten sein, dass Eurowings‘ Anwälte ein Anerkenntnis erklären, um so unnötige Kosten eines Urteils zu sparen.

Fazit

Wer etwas verkauft, was unmöglich ist, kann sich später nicht darauf berufen, dass außergewöhnliche Umstände zur Annullierung führten. Gerade auch das Zusammenspiel mit der Entscheidung des EuGH vom 21.12.2021 C-146/20 ist spannend, rechnet es doch zur Schaffung eines hohen Passagierschutzniveaus Luftfahrtunternehmen Buchungsbestätigungen zu, die Dritte ausgestellt haben. Kommt es hier zu Problemen in der Kommunikation, entstehen Fluggästen Unannehmlichkeiten, die dann vom Luftfahrtunternehmen durch die Ausgleichsleistung zu kompensieren ist.

Foto: Tobias Rosin

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