LG Frankfurt Condor Annullierung Entschaedigung Corona

LG Frankfurt bejaht Ausgleichsanspruch gegen Condor bei Annullierung wegen Corona

In einem von mir betreuten Verfahren hat das Landgericht Frankfurt unter anderem einen Anspruch auf Ausgleichszahlung / Entschädigung bejaht, obwohl Condor angebracht hatte, dass die Pandemie einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Eine typische Ausrede, mit der Airlines immer wieder nicht erfolgreich sind.

Gegenstand des Verfahrens

Meine Mandanten hatten am 12. August einen Flug für den 31. August von Frankfurt nach Jerez de la Frontera gebucht. Diesen annullierte Condor am 18. August und bot nur eine Beförderung zwei Tage früher, am 29. August an. Das passte nicht in den Zeitplan meiner Mandanten, sodass diese zu einer alternativen Beförderung aufforderten, was Condor verweigerte.
Nicht nur am 29. August, auch am 5. September führte Condor den hier gebuchten Flug aus, sodass klar war, dass die Strecke noch zu bedienen war.

Corona als Ausrede

Die Ausgleichszahlung wäre bei einer Annullierung binnen 14 Tagen vor Abflug dann nicht geschuldet, wenn außergewöhnliche Umstände zur Annullierung geführt haben. Ob die Pandemie überhaupt als außergewöhnlicher Umstand herangezogen werden kann, kann man bereits unterschiedlich beurteilen. Sie ist aber in keinem Fall der Joker für Airlines, auch wenn Airline-Anwälte dies regelmäßig versuchen.

Auffassung des Gerichts

Auf den recht pauschalen Vortrag der Airline zur Pandemie hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt zu erkennen gegeben, dass das nicht ausreichend sei, um außergewöhnliche Umstände anzunehmen.

Leuchtturm-Entscheidung vermeiden: Flucht in die Säumnis

Der Rechtsanwalt, der für Condor auftrat, hat dann keinen Antrag gestellt, sodass ein Versäumnisurteil ergangen ist. Statt hiergegen mit dem Einspruch vorzugehen und nochmals neue Argumente vorzulegen, hat Condor sich aber entschieden, die Frist verstreichen zu lassen, sodass das Urteil nun rechtskräftig ist.

Der Vorteil für Condor und auch die gesamte Branche: Ein solches Urteil muss nicht begründet werden und berücksichtigt dabei grundsätzlich nur den Vortrag der Klägerseite, so können sich Airlines auch künftig herausreden, dass das Gericht gar nicht über Corona als außergewöhnlichen Umstand entscheiden musste. Das ist zwar formal richtig, die Vorgeschichte macht aber den Hintergrund deutlicher. Condor hat bereits die Zahlung des ausgeurteilten Betrages angekündigt.

Brisanz: Landgericht Frankfurt

Wie kommt ein Fluggastrechte-Fall in der ersten Instanz zum Landgericht? In diesem Fall habe ich eine Reisegruppe mit mehreren Teilnehmern vertreten, die neben der Ausgleichszahlung auch Erstattung der auf eigene Faust gebuchten Ersatzflüge verlangte, nachdem Condor eine nur unzureichende Ersatzbeförderung angeboten hat. In Summe ging es so um über 5.000,00 € und das Landgericht Frankfurt war zuständig. Wenn auch ein Urteil nur für die beteiligten Personen bindend ist, dürfte die Auffassung des Gerichts durchaus Signalwirkung auch für andere Verfahren in Frankfurt haben: Das darunter angesiedelte Amtsgericht Frankfurt ist das Gericht mit der meisten Fluggastrechte-Relevanz in Deutschland, ist es doch für den Flughafen Frankfurt zuständig.

Fazit

Wie schon seit Anbeginn der Pandemie vertrete ich der Ansicht, dass die genauen Umstände der Annullierung geprüft werden müssen, dies zum Beispiel im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung. Dabei kommt es darauf an, wie sich die Umstände zwischen Buchung und Abflug verändert haben, denn auch in dieser Zeit gilt, dass Verträge für beide Parteien verbindlich sind. In vielen Fällen ist Corona nur eine faule Ausrede, um unbequeme Ansprüche abzuwehren, hier können Passagier erfolgreich Entschädigungsansprüche geltend machen. In bereits mehreren Verfahren haben Airlines in von mir betreuten Fällen Anerkenntnisse erklärt oder schlicht die Klageforderung gezahlt, um eine streitige Entscheidung zu vermeiden, dies teils auch nach Hinweisen der zuständigen Richter.

LG Frankfurt, Versäumnisurteil vom 16.03.2021, 2-24 0 410/20

1 Kommentar zu „LG Frankfurt bejaht Ausgleichsanspruch gegen Condor bei Annullierung wegen Corona“

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