Die Corona-Krise hat dieses Thema wieder brandheiß gemacht: Unzählige Flüge wurden annulliert und Passagiere warten deutlich zu lange auf eine Erstattung, länger, als dies mit 7 Tagen zum Beispiel die EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG vorsieht. Wie ist aber die Rechtslage bei Flügen die (zumindest teilweise) unter Einsatz von Vielfliegermeilen gebucht wurden?
Auch Award-Flüge fallen unter Fluggastrechteverordnung
Nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung 261/2004/EG findet diese auch auf Flüge Anwendung, die im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms erworben wurden. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. a) der Verordnung schuldet die ausführende Airline (nicht Miles & More oder irgendein anderer) die Erstattung der Steuern und Gebühren, aber auch die Erstattung der zur Buchung eingesetzten Meilen. Geltend machen muss den Anspruch jeder (!) Passagier, nicht die buchende Person. Das kann natürlich in einem Schreiben oder in einer E-Mail erfolgen.
Und wenn nichts passiert?
Was passiert, wenn die Erstattung nicht, wie die Verordnung es verlangt, binnen 7 Tagen ab dem Erstattungsverlangen erfolgt? In diesem Fall sollte der Passagier eine angemessene Frist zur Zahlung und Meilengutschrift von z.B. sieben Tagen setzen.
Und wenn immer noch nichts passiert? Meilen werden zu Geld!
Und wenn dann noch immer keine Wiedergutschrift erfolgt, sollte der betroffene Passagier Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB geltend machen, dies in Geld. Die ausführende Airline kann dann nicht mehr mit einer Meilengutschrift den Anspruch erfüllen, sondern nur noch durch Geldzahlung. Erfolgt dennoch eine Meilengutschrift, sollte diese vorerst nicht angetastet werden, da diese nach Zahlung herausverlangt werden kann.
Was ist eine Meile wert?
Die spannende Frage des Wertes einer Meile lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten. Diese Frage hat einen großen Teil meiner Dissertation zu Bonusprogrammen eingenommen. Es kommt dabei insbesondere auf das genutztes Bonusprogramm an, auch ist zu berücksichtigen, welche Prämieneinlösungen möglich sind. Typischerweise werden Bonusmeilen für solche Flüge eingesetzt, die als Bezahlversion („revenue“) sehr teuer sind. Der Gegenwert dieser Meilen fehlt dann im Vermögen des Passagiers, das ist sein Schaden.
Ich betreue dabei derzeit Fälle, die nach meiner Prüfung einen Wert von 0,09 – 0,16 € / Meile in den Bonusprogrammen Miles & More (Lufthansa), Miles & Bonus (Aegean) und Boomerang Club (Eurowings) aufweisen. Dazu wurden eine Vielzahl von gängigen Award-Flügen recherchiert und mit den Revenue-Angeboten verglichen.
AG Düsseldorf: Wert einer Miles & More-Meile über 9 cent
Dabei liegt mir bereits eine Entscheidung des AG Düsseldorf gegen Eurowings vor, die einen Meilenwert von über 0,09 € / Meile im Miles & More Programm des Lufthansa-Konzerns annimmt.
Die Entscheidung wird wegen eines Vergleichs in der Berufungsinstanz nicht rechtskräftig.
Tipp zum Vorgehen
So gehen Sie vor:
- Verlangen Sie die Erstattung von Steuern und Gebühren sowie Meilen von der ausführenden Airline (Tipp: Mail in BCC an Dritte als Beleg der Versendung). Adressen finden Sie meistens im Impressum der Airline-Websiten. (Musterschreiben 1)
- Nach Ablauf der 7-Tage Frist nach dem ersten Erstattungsverlangenverlangen Sie erneut die Erstattung von Steuern und Gebühren sowie Meilen mit Fristsetzung (Musterschreiben 2)
- Nach Ablauf der Frist verlangen Sie mit Verweis auf §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung. An dieser Stelle müssen Sie noch keinen Anspruch der Höhe nach beziffern. (Musterschreiben 2)
- Verstreicht diese Frist, erheben Sie eine Klage gegen die ausführende Airline, wobei Sie vorher den geeigneten Wert einer Meile recherchieren.