In Ihrer Flugbuchung kam es zu einer Änderung der Abflugzeiten? Lufthansa meint, den Beförderungsvertrag „kündigen“ zu können, wenn Passagiere auf die Ankündigung der Änderung von Flugzeiten nicht reagieren. Das ist natürlich klar rechtswidrig.
Hintergrund: Stornofalle
Bereits mehrfach berichtete ich über die sogenannten Stornofalle der Lufthansa, bei der durch geringe Flugzeitenänderungen Passagiere verlockt werden sollen, eine Erstattung zu verlangen. Diese fällt aber miserabel gering aus, da nur eine Erstattung „nach Tarif“ erfolgt. Im krassesten mir vorliegenden Fall hat Lufthansa von einer Buchung über rund 12.000,00 € saftige rund 11.000,00 € einbehalten. Derzeit sind diverse Fälle vor Gericht, wobei Lufthansa auf richterlichen Hinweis bereits in einem Fall eine Zahlung „freiwillig“ leistete, vermutlich um ein nachteiliges Urteil zu vermeiden.
Nicht reagieren: Geld auch weg
Spannend ist ein mir vorliegender Fall, in dem einem Passagier auch eine Änderung mitgeteilt worden sein soll, er darauf nicht reagierte. Das droht Lufthansa auch in den Änderungsmails an:
Als er den Online-Checkin für seinen Flug nutzen wollte, war dies nicht möglich. Lufthansa hat hier, weil keine Reaktion erfolgte, die Buchung gestrichen und – das ist die Krönung des Vorgehens – eine Erstattung nach Tarif vorgenommen. Von über 1.700,00 € wurden lediglich rund 70,00 € erstattet.
Klage und die Verteidigung der Lufthansa
Nunmehr habe ich für meinen Mandanten eine Klage auf Erstattung des Ticketpreises erhoben, auch verlange ich eine Ausgleichszahlung für die Beförderungsverweigerung. In dem Verfahren laufen die Anwälte Lufthansa zur Höchstform auf und führen aus:
Lufthansa meint also im Ernst, dass sie
a) zur einer einseitigen Änderung der Flugzeiten und hiernach
b) zur einseitigen „Kündigung“ des Beförderungsvertrages unter weitgehendem Einbehalt des entrichteten Entgelts
berechtigt sind.
Rechtliche Bewertung
Das Vorgehen der Lufthansa halte ich für evident rechtswidrig. Die Passagiere verfügten über eine bestätigte Flugbuchung Art. 3 Abs. 2 lit. a) der Verordnung 261/2004/EG. Ein Rechtsgrund, warum Lufthansa aus einem Nichtreagieren eine Kündigung des Beförderungsvertrages ableiten kann, ist für mich nicht ersichtlich. Grundsätzlich gilt, dass das Schweigen von Verbrauchern keine Willenserklärung darstellt. Lufthansa hätte daher die Passagiere befördern müssen. Erfolgt das, wie hier geschehen, nicht, besteht nach Art. 8 Abs. 1 lit. a) der Verordnung ein Anspruch auf vollständige Erstattung des Ticketpreises und nach Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung ein Anspruch auf eine Ausgleichsleistung von bis zu 600,00 € pro Passagier.
Wenn auch ich in der Bearbeitung der Fälle meine Mandanten bereits viele heikle Konstellationen erlebt habe, das Vorgehen der Lufthansa in diesem Fall ist aus meiner Sicht an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Teils geht es um Flugzeitenänderungen von lediglich fünf Minuten. Hier drängt sich mir der Verdacht auf, dass es der Lufthansa weniger um die Prüfung der Auslastung eines Fluges geht, sondern vielmehr darum, den Sitzplatz erneut verkaufen und damit fast doppelt kassieren zu können.
Ich rate Reisenden, auf die „Stornofalle“-Mail gar nicht per Mausklick zu reagieren, sondern customer.relations@lufthansa.com (gerne mit dem BCC-Trick) mitzuteilen, wie weiter verfahren werden soll, um auch später einen Beleg in Händen zu halten.